KommentarGeldpolitik

Hoffen allein reicht für Fed und EZB nicht

Fed und EZB müssen sicherstellen, dass die Inflation nachhaltig auf das 2-Prozent-Ziel sinkt. Und die Märkte sollten den Handlungsbedarf nicht unterschätzen. Sonst drohen später böse Überraschungen.

Hoffen allein reicht für Fed und EZB nicht

Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) haben einerseits geliefert, was weithin erwartet worden war, und andererseits doch überrascht: Die Fed hob wie avisiert ihren Leitzins erstmals seit 15 Monaten nicht an, stellte aber unerwartet gleich zwei weitere Zinserhöhungen um 25 Basispunkte bis Jahresende in Aussicht. Und die EZB erhöhte ihre Schlüsselsätze erwartungsgemäß erneut um 25 Zähler, signalisierte aber für viele unvermutet deutlich weiteren Handlungsbedarf – mindestens im Juli. Vor allem bei der Fed ist keineswegs sicher, ob es tatsächlich so kommt. Der Ausblick für Wachstum und Inflation ist unsicher wie selten. Die Botschaft ist aktuell aber absolut richtig: Die Inflation ist weiter viel zu hoch und gehört weiter entschlossen bekämpft.

Was die Fed betrifft, gibt es fraglos valide Argumente für eine Zinspause: die verzögerte Wirkung des mit Abstand aggressivsten Zinserhöhungskurses seit Jahrzehnten, die bereits deutlich rückläufige Inflation, die an Schwung verlierende Wirtschaft. Dennoch ist die Inflation weiter zu hoch, vor allem die Kerninflation ohne Energie und Lebensmittel zeigt sich sehr hartnäckig, und ein Konjunkturabsturz scheint nicht in Sicht. Deswegen ist es gut, dass die Fed ganz klarmacht, dass eine Zinspause nicht automatisch das Ende im Zinserhöhungszyklus bedeutet. Der Realzins, also Leitzins abzüglich Inflation, ist in den USA zwar schon positiv – was die Konjunktur bremsen dürfte. Trotzdem kann es sehr wohl sein, dass die Fed noch nachlegen muss.

In jedem Fall noch nachlegen muss die EZB. Die Inflation in Euroland ist nicht nur noch höher als in den USA, sondern mit 6,1% auch nach wie vor weit vom Ziel von 2,0% entfernt. Zudem ist der Realzins weiter deutlich negativ. Deswegen ist nicht nur die jetzige Zinserhöhung angemessen, sondern auch die De-facto-Ankündigung einer Anhebung im Juli. Natürlich darf die EZB nicht überziehen, und auch im Euroraum rückt der Zinsgipfel näher. Noch ist er aber nicht erreicht. Und solange die Euro-Wirtschaft nicht einbricht, muss für die Euro-Notenbanker die Rückkehr zur Preisstabilität oberste Priorität bleiben.

Bei der Inflation scheint in den USA wie in Euroland das Schlimmste überstanden, und die Hoffnung auf eine allmähliche Rückkehr zum 2-Prozent-Ziel wächst. Nach der kolossalen Fehleinschätzung der Inflation in den Jahren 2021 und 2022 reicht die Hoffnung allein aber nicht. Fed und EZB müssen sicherstellen, dass es nachhaltig in Richtung 2,0% geht. Marktteilnehmer sollten die jüngsten Ankündigungen denn auch nicht leichtfertig als „Bluff“ abtun. Sonst drohen an den Märkten noch ganz andere, viel bösere Überraschungen.

Geldpolitik

Hoffen allein
reicht nicht

Von Mark Schrörs

Fed und EZB müssen sicherstellen, dass die Inflation nachhaltig auf das 2-Prozent-Ziel sinkt.

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