Im Blickfeld Frankreichs Immobilienmarkt

Hoffen auf die Trendwende

Zinsanstieg und strengere Regeln für die Energieeffizienz haben die Immobilienverkäufe in Frankreich letztes Jahr einbrechen lassen. Doch der Preisrückgang reicht nach Ansicht von Experten noch nicht aus, um den Markt wieder zu beleben.

Hoffen auf die Trendwende

Blickfeld Frankreichs Immobilienmarkt

Frankreichs Immobilienmarkt hofft auf die Trendwende

Preisrückgang reicht nicht – Zinsanstieg und strenge Energieregeln belasten Verkäufe

wü Paris
Von Gesche Wüpper, Paris

Kann die Abwärtsspirale gestoppt werden oder nicht? Immobilienhändler, Banken und Wohnungsbesitzer in Frankreich blicken mit bangem Blick in die Zukunft, nachdem der Zinsanstieg letztes Jahr Verkäufe, Kredite und Preise hat einbrechen lassen. Dennoch steht der französische Immobilienmarkt im Vergleich zu den europäischen Nachbarn noch immer vorteilhaft da, urteilt die Banque de France in ihrem Kreditmonitor für Haushalte.

Denn die Zahl der Privatpersonen gewährten Wohnungskredite ist 2023 zwar im Vergleich zu den beiden Vorjahren wie in Deutschland, Italien und Spanien stark gesunken, doch mit kumuliert 146 Mrd. Euro im Zeitraum Dezember 2022 bis November 2023 noch immer deutlich höher als in den Nachbarländern. Die Wohneigentumsquote in Frankreich beträgt 64,7%, in Deutschland dagegen nur 49,5%.

Auch bei der Preisentwicklung steht der französische Immobilienmarkt vergleichsweise gut da. Denn eigentlich hätten die Preise wegen der deutlichen Verlangsamung des Marktes stärker sinken müssen. So ist die Zahl der Verkäufe von Altbauimmobilien nach Angaben des Immobilienmaklerverbandes Fnaim (Fédération nationale de limmobilier) 2023 um 22% eingebrochen.

Moderate Preiskorrektur

Dennoch sind die Preise laut Immobilienmakler Century 21 bei Häusern landesweit gerade mal um 1,7% gesunken, bei Wohnungen um 3,4%. Im Schnitt beträgt der Rückgang 1,8%, so dass der Quadratmeterpreis zuletzt bei 3.127 Euro lag.

In einigen Städten dagegen sind die Preise stärker gefallen, allen voran im Großraum Paris, aber auch in Nantes, Lyon und Bordeaux – Metropolen, in denen sich Immobilien in den Vorjahren stark verteuert hatten.

In Paris ist der Quadratmeterpreis laut Century 21 innerhalb eines Jahres um 5,5% auf 9.774 Euro zurückgegangen, bei Eigentumswohnungen in den Vororten um 7,8% auf 4.445 Euro. In Nantes wiederum ist er um 8% auf 3.751 Euro gesunken, in Lyon um 5,9% auf 4.836 Euro und in Bordeaux um 4,9% auf 4.717 Euro. Außerhalb des Großraums Paris hätten sich die Preise 2023 aber relativ wenig verändert, meint Charles Marinakis, der Vorsitzende von Century 21 in Frankreich.

In Städten wie Le Mans, Tours, Poitiers, Nantes, La Rochelle und Annecy seien sie sogar um 6% bis 7% gestiegen, sagt Stéphane Fritz, der Vorsitzende des Immobilienmaklers Guy Hocquet. Eine Tendenz, die die Makler-Kooperative Orpi bestätigt. „Es hat keinen Preiseinbruch wie während der Krise 2008 gegeben“, erklärt Orpi-Chef Guillaume Martinaud.

Um den Haushalten angesichts der stark und schnell gestiegenen Zinsen wieder Luft zu verschaffen und so den Markt zu beleben, hält Charles Marinakis von Century 21 in diesem Jahr Preissenkungen von mindestens 7% für nötig. Doch die meisten Immobilienexperten glauben nicht, dass der Preisverfall so stark ausfallen wird. So rechnet Meilleurs Agents mit einem landesweiten Rückgang um 4%, BPCE mit 6%. Dadurch dürften die Preise auf den Tiefpunkt der Finanzkrise sinken, meint die Bankengruppe.

Gelockerte Regeln

Konnten Käufer in Frankreich einige Jahre lang von außerordentlich guten Konditionen für Immobilienkredite profitieren, so sind die Zinsen innerhalb der letzten zwei Jahre von 1% auf mehr als 4% gestiegen. Dadurch haben Käufer rund 15% ihrer Immobilienkaufkraft eingebüßt.

Um die Vergabe von Krediten wieder anzukurbeln, hat der Hohe Rat für finanzielle Stabilität, dem Vertreter des Wirtschaftsministeriums und der Banque de France angehören, im Dezember beschlossen, mehrere Regeln zu lockern. So dürfen Banken nun Kredite mit einer Laufzeit von bis zu 27 Jahren vergeben, wenn die Renovierungskosten der Immobilie 10% des gesamten Kaufpreises ausmachen. Auch die Bedingungen für Überbrückungskredite wurden aufgeweicht.

Seit Beginn des Jahres sind die Zinsen nun zum ersten Mal seit Ende 2021 wieder leicht gesunken. Im Schnitt betragen sie bei den in Frankreich üblichen festverzinslichen Immobilienkrediten mit einer Laufzeit von 20 Jahren derzeit 4% bis 4,4%. Das Observatoire Crédit Logement/CSA geht davon aus, dass sie bis Ende des Jahres auf 3,5% sinken werden.  

Parallel zum Anstieg der Zinsen hat auch die Anzahl der Pleiten von Immobilienmaklern zugenommen. Nach Angaben der Unternehmensberatung Altares mussten letztes Jahr 887 Immobilienagenturen ein Insolvenz- oder Liquidationsverfahren einleiten. 2022 waren es gerade mal 413 und 2021 sogar nur 290. Allerdings ist die Zahl der Pleiten noch immer weit von dem Niveau von 2009 entfernt, als 1.385 Immobilienagenturen aufgeben mussten. Insgesamt gibt es davon rund 32.000 in Frankreich.

Preise von Luxusimmobilien steigen

Zusätzlich zum Zinsanstieg belasten auch die strengeren Anforderungen an die Energieeffizienz die Immobilienverkäufe. Denn in Frankreich dürfen Immobilien mit einer besonders schlechten Energieeffizienz bereits nicht mehr neu vermietet werden. Das Verbot gilt seit Anfang 2023 für Wohnungen und Häuser mit der Energieeffienzklasse G+, deren Energieverbrauch über 450 kWh pro Quadratmeter pro Jahr liegt. Ab 2025 soll das Verbot auf die gesamte Klasse G ausgeweitet werden, ab 2028 auf die Klasse F und ab 2034 auf die Klasse E. Die Verbote betreffen nur neue Mietverträge, schrecken jedoch Investoren ab.

Im Gegensatz zu Käufern, die in Luxusimmobilien investieren. Zwar hat sich die Zahl der angebotenen Premium-Objekte ab 1 Mill. Euro nach Angaben von Coldwell Banker im Vergleich zum Vorjahr halbiert, von 80.000 auf 40.000. Doch das entspricht dem Vorkrisenniveau von 2019. Zudem zeigt das von dem Immobilienmakler veröffentlichte Preisbarometer, dass der Markt für Luxusimmobilien in Frankreich nicht nur standhält, sondern 2023 mit +3% auch den größten Preisanstieg in Europa verbucht hat.

Südfrankreich ziehe die Preise nach oben, erklärt Laurent Demeure, der Chef von Coldwell Banker Europe Realty. Vor allem das Premiumsegment mit Preisen zwischen 1 und 5 Mill. Euro habe dort 2023 stark zugelegt. So sind die Preise in Antibes um 14% auf 11.860 Euro je Quadratmeter gestiegen, in Cannes um 10% auf 12.920 Euro und in Nizza um 9% auf 9.929 Euro. „Ich wette, dass diese Tendenz im ersten Quartal korrigiert wird“, sagt Demeure. Er geht davon aus, dass das starke Interesse für Südfrankreich abebben und sich der Premium-Markt in diesem Jahr beruhigen wird.

Gewerbeimmobilien rückläufig

Dagegen scheinen die Olympischen Spiele jetzt Einzelhandelsimmobilien in Paris zu beflügeln. So berichtet Gewerbeimmobilienspezialist Frank Knight von einer Zunahme von Projekten für Flagship-Stores hauptsächlich aus der Luxus- und der Sportswear-Branche, vor allem entlang der großen Hauptadern.

Insgesamt jedoch ist der Markt für Gewerbeimmobilien rückläufig. Die platzierte Nachfrage - Vermietungen wie Verkäufe – im Großraum Paris ist 2023 laut Immostat um 17% auf 1,93 Mill. Quadratmeter gesunken. Unternehmen suchen nach Standorten in Paris, wo das Angebot knapp ist und die Preise steigen. Dagegen sind La Défense und die nördlichen Vororte weniger gefragt.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.