In der Subventionsspirale
Standort-Wettbewerb
In der Subventionsspirale
Von Sebastian Schmid
Die Subventionen steigen immer höher. Intel ist nur das jüngste Beispiel. Dabei lässt der Staat Chancen liegen, den Hunger der Unternehmen zu reduzieren.
Intel hat sich mit der Forderung nach höheren Subventionen für die neue Halbleiterproduktion in Magdeburg durchgesetzt. Bis zu 10 Mrd. Euro erhält der US-Chipkonzern vom Staat und damit einen ordentlichen Nachschlag auf die ursprünglich vereinbarten 7 Mrd. Euro. Selbst mit Blick auf inflationsbedingte Kostensteigerungen und das Ökosystem, das um die Intel-Fabrik entstehen soll, lässt sich das Nachgeben des Wirtschaftsministeriums schwer nachvollziehen. Entstehen sollen rund 10.000 Arbeitsplätze. Rund 3.000 bei Intel und 7.000 bei Zulieferern. Damit fördert der Bund jeden einzelnen Arbeitsplatz mit rund 1 Mill. Euro. Zum Vergleich: Tesla erhielt für den Bau des Werks in Grünheide nicht einmal 1 Mrd. Euro. Aktuell arbeiten in dem Werk 10.000 Mitarbeiter. Entsprechend hat ein bei Tesla geschaffener Arbeitsplatz weniger als ein Zehntel von dem gekostet, was bei Intel aufgerufen wird.
Problematisch ist vor allem, dass die Versuchung wächst, Standortnachteile mit dem Scheckbuch der Steuerzahler zu lösen. Eine solche Subventions-Strategie ist auf Dauer zu kostspielig. Mit jeder neuen Subventionszahlung weckt der Staat Begehrlichkeiten. Der Schweizer Solarkonzern Meyer Burger Technology hat bereits den Finger gehoben. Der Halbleiterkonzern TSMC, der bereits Gespräche mit der Regierung führt, dürfte den Intel-Deal ebenfalls mit Interesse verfolgt haben. Der Wunsch nach mehr staatlicher Förderung ist nachvollziehbar. Denn andere Faktoren sprechen oft gegen eine Investition in Deutschland: Genehmigungsverfahren dauern länger als in anderen Ländern. Die Auflagen zu Umweltschutz und Sozialstandards sind überdurchschnittlich hoch. Die Infrastruktur kommt in die Jahre. Und die Energiekosten sowie die Lohnnebenkosten fallen ebenfalls höher aus als in Wettbewerbsregionen.
Für Unternehmen sind das zusätzliche Aufwände, die sie in ihrer Investitionsentscheidung berücksichtigen. Mit üppigen Subventionen kann der Staat zwar dafür sorgen, dass die Nachteile weniger stark ins Gewicht fallen. Je größer die Standortnachteile, desto höher müssen die Subventionsaufwendungen allerdings auch ausfallen. Bei Tesla kam Grünheide trotz überschaubarer Subventionen auch deshalb zum Zug, weil bürokratische Verfahren beschleunigt und viele Hürden aus dem Weg geräumt wurden. Damit ist Tesla aber die Ausnahme: Im vergangenen Jahr ist das Volumen der Direktinvestitions-Abflüsse aus Deutschland auf das höchste Niveau seit mehr als einer Dekade geklettert.
Das soll nicht heißen, dass verkürzte Genehmigungszeiten, eine schlankere Bürokratie und mehr Planungssicherheit Subventionen unnötig machen könnten. Wenn China, die USA und andere Länder Investoren mit großzügiger finanzieller Unterstützung locken, sind Deutschland und Europa chancenlos, ohne finanzielle Anreize zu setzen. Wie viel die Steuerzahler für ihr Geld bekommen, hängt indes maßgeblich an anderen Standortfaktoren. Insofern rechnet sich ein Bürokratieabbau nicht nur aus Sicht der Unternehmen, sondern auch aus Sicht aller Steuerzahler.
Der Trend ist indes ein anderer: Die Hemmschwelle, wenn es um Subventionen geht, ist zuletzt global gesunken. Das mag auch damit zusammenhängen, dass in der Coronakrise Hilfsgelder in historischer Höhe ausgekehrt wurden. Laut Statistischem Bundesamt wurde 2020 bis 2022 so viel an Unterstützung ausgezahlt wie in der Dekade zuvor insgesamt. Die Gefahr ist, dass dies zur neuen Normalität wird. Denn der Investitionsbedarf für Energiewende und Klimaschutz wird nicht geringer.
Umso wichtiger wird es sein, klar zu definieren, in welchen Feldern mit finanziellen Anreizen gearbeitet werden kann. Es ist nachvollziehbar, dass die Halbleiterindustrie eines der Felder sein soll. In den vergangenen Jahren hat sich hier die Abhängigkeit von globalen Lieferketten besonders gezeigt. Ob man mit Intel hier auf das richtige Pferd setzt, ist allerdings fraglich. Der US-Konzern ist gegenüber Wettbewerbern technologisch ins Hintertreffen geraten. Es besteht die Gefahr, mit üppigen Subventionen mal wieder auf das falsche Pferd zu setzen – wie einst auf Nokia in Bochum. Statt an Symptomen zu doktern, sollte die Politik lieber die eigentliche Malaise angehen: Die Standortattraktivität braucht ein Update.