Bundesverband deutscher Banken

Klein gegen Groß im Banken­verband

Vor Wochen schon sorgte die jüngste Reform der Einlagensicherung im BdB für Rumoren. Nun kommt Generalkritik: Kleinere Banken monieren, ihre Interessen kämen zu kurz. Der Verband will die Wogen glätten.

Klein gegen Groß im Banken­verband

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) kommt nicht zur Ruhe. Vor Wochen schon hatte die jüngste Reduktion der Einlagensicherung im Kielwasser des Greensill-Kollapses die Gemüter kleinerer einlagenstarker Banken erhitzt – sie sehen ihre Felle davon schwimmen, wenn sie infolge anziehender Zinsen bald wieder um Einlagen konkurrieren müssen mit Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die mit einer ­verbundweiten Institutssicherung winken.

Nun aber kommt Generalkritik: Kleinere Häuser seien im Verband generell unterrepräsentiert, wird angesichts eines Vorstands, in dem von zehn dort vertretenen Banken zwei Sitze auf die beiden deutschen sowie fünf weitere auf ausländische Großbanken entfallen, moniert. Die kleineren unter den inländischen Instituten im Vorstand, das Bankhaus Metzler, Berenberg sowie die Deutschen Pfandbriefbank stünden zudem auch nicht unbedingt für klassische Einlageninstitute. Noch vor zehn Jahren war im Gremium neben Warburg und Berenberg noch eine National-Bank als mittelständisches Kreditinstitut vertreten. Der Verband kontert: dass heute mehr Auslandsbanken als damals im Vorstand vertreten seien, spiegele deren gewachsene Bedeutung auf dem deutschen Markt wider, sagt ein Sprecher auf Anfrage.

Das Misstrauen sitzt jedenfalls tief. Dass der BdB in seiner Zentrale Räume an die ING sowie an die Aareal Bank untervermietet hat, lässt bei jenen, die eine eigene Präsenz in der Hauptstadt nicht zu finanzieren vermögen, rasch das Bild trauter Kaffee- und Kungelrunden in Berlins Burgstraße vor dem geistigen Auge erscheinen. Die Untervermietung freier Büroflächen trage zur Kostenentlastung der Mitglieder bei und habe keinen Einfluss auf die Mitwirkung in Gremien, teilt der BdB mit.

Die Mitgliederstruktur des rund 200 Institute zählenden Verbandes war schon immer sehr heterogen, sie reicht von der Deutschen Bank bis hin zur Cronbank, einer Direktbank mit 990 Mill. Euro Bilanzsumme. Das begünstigt Lagerbildung. Dieser hat der BdB wohl nicht entschlossen genug entgegengewirkt.

Die Hutschnur geht hoch

Jedenfalls ist einigen Verantwortlichen in Instituten, nicht nur inländischer Provenienz, schon Ende 2021 die Hutschnur hochgegangen. Da wurden sie davon in Kenntnis gesetzt, dass ihr „Erfahrungsaustausch für mittelständische Institute (EMI)“ zum Jahreswechsel auf die BdB-Akademie GmbH übergeleitet werde. „Die Teilnahme bedarf eines gesonderten Antrags“, beschied der Verband und rief zugleich „einen pauschalen Jahresbeitrag pro Institut von 970,– EUR zzgl. MwSt“ auf. Vor allem gehe es dabei wohl darum, die unverändert unprofitable Akademie in die Gewinnzone zu führen, wird bei Mitgliedern geargwöhnt. Beim BdB verweist man auf eine inhaltliche Erweiterung des Programms, „um den Instituten einen größeren Nutzwert zu bieten“. Die Akademie veranstalte den Austausch zum Selbstkostenpreis. Es gehe um ureigene Angelegenheiten eines berufsständischen Verbandes, wie sie in der Satzung des Bankenverbandes niedergelegt seien, heißt es dagegen bei den Kritikern.

Überhaupt fühlt man sich dort untergebuttert. Die Kleinen im Verband würden in gemeinsame Positionen gezwungen, die allein den großen Instituten nützten, heißt es etwa mit Blick auf Vorgaben im Regelwerk Basel III, die vor allem interne Modelle einsetzende Großbanken um­treibt, auf den Kreditrisiko-Stan­dard­ansatz zurückgreifende Häuser indes weniger juckt, oder etwa in Sachen Vergemeinschaftung der Einlagensicherung, welche eine Mehrheit der Mitglieder entgegen der Verbandslinie ablehne. Ob da ausgerechnet Christian Sewing als Chef der größten deutschen Bank dazu prädestiniert ist, in seiner Eigenschaft als Bankenpräsident die offensichtlichen Gräben zwischen Groß und Klein im BdB zuzuschütten?

Es wundert, dass in dieser Lage gerade in der jüngsten Reform der Einlagensicherung – der ureigensten Klammer des gesamten Verbands – mächtig Sprengkraft steckt. Deutsche Bank und Commerzbank wollten die Einlagensicherung nicht mehr, weil sie ohnehin eine implizite Staatsgarantie genössen, heißt es etwa bei einem kleineren Institut. Kleine und mittlere Banken seien wohl noch willkommen, wenn es um Imagefragen, Kreditversorgung und Kundennähe gehe, sonst aber herrsche Distanz. Die Sicht der Großbanken könnte freilich gegensätzlicher kaum sein: Sie berappen den Löwenanteil der Beiträge zur Einlagensicherung, und sie wissen ganz genau, dass sie von ihren Leistungen niemals profitieren werden. Der Verband weist unterdessen zu Recht darauf hin, dass die Delegiertenversammlung, in der jedes BdB-Mitglied eine Stimme hat, die Reduktion des Schutzumfangs im Dezember vergangenen durchgewunken hat, und zwar ohne Gegenstimme. Dies war freilich, bevor die Zinswende den kleineren Adressen den Schreck in die Glieder fahren ließ. Bammel haben viele Banken nun vor allem mit Blick auf das Jahr 2030, wenn sich in einer dritten Stufe der Schutzumfang für Depositen von Privaten und Unternehmen auf 1 Mill. bzw. 10 Mill. Euro reduzieren wird. Zwar laufen im Verband nach wie vor Gespräche über die Reform. Dass sie revidiert wird, glaubt aber niemand.

Die Wogen glätten, lautet nun die Parole im Verband, in dessen Worten: den „Dialog stärken“. Für die Zeit nach der Sommerpause ist ein Workshop anberaumt, auf dem Fragen der Mitwirkung kleinerer Häuser, der Leistungen und der Governance zur Sprache kommen sollen. Der Verband will den mittelständischen Banken entgegenkommen. Eine Idee läuft daraus hinaus, Instituten die Nutzung der von der Gesellschaft für Bonitätsbeurteilung mbH (GBB) erstellten Bonitätsnoten zu erlauben. Die GBB-Rating beurteilt jährlich die Bonität von Mitgliedsinstituten des Einlagensicherungsfonds der privaten Banken. Können Banken mit der verbundinternen Einstufung auf den Markt gehen, könnte ihnen dies die Refinanzierung erleichtern, was Härten der Einlagensicherungsreform abmildern könnte. Auch in diesem Punkt aber herrscht keineswegs Konsens. Schließlich könnte eine solche Transparenz Häuser unter Druck bringen, die ihr GBB-Rating aus womöglich guten Gründen nicht publik machen möchten. Das Rumoren im Verband könnte noch eine Weile anhalten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.