KommentarHaushaltseinigung

Klein-Klein mit Hintertür

Die Einigung zum Haushalt war alles andere als eine Demonstration der Handlungsfähigkeit der Ampel-Koalition.

Klein-Klein mit Hintertür

Haushalt

Klein-Klein mit Hintertür

Von Andreas Heitker

Die Einigung zum Haushalt war alles andere als eine Demon­stration der Handlungsfähigkeit der Ampel.

Man muss es den Ampel-Spitzen durchaus zugutehalten, dass sie die Neuausrichtung des Bundeshaushaltes in den vergangenen Tagen ernsthaft angegangen sind. Wenig ist aus den nahezu täglichen Treffen zwischen Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner nach außen gedrungen. Jedem der drei scheint klar gewesen zu sein, dass es nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil vor knapp einem Monat auch ganz grundsätzlich darum ging, die Geschäftsbeziehungen zwischen SPD, Grünen und Liberalen auf eine neue Grundlage zu stellen. Das jetzt präsentierte Ergebnis ist dafür einigermaßen enttäuschend.

Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, hat darauf hingewiesen, dass die Ampel eine Einigkeit nur simuliere, und sprach von „gesichtswahrendem weißen Rauch in Berlin“. Dies trifft es wohl sehr gut. Denn ein echtes gemeinsames Priorisieren in der Haushaltspolitik findet weiterhin nicht statt. Präsentiert wurde vielmehr ein unfertiges Klein-Klein an Einsparungen in vielen Ressorts: 250 Mill. werden beim Bürgergeld-Bonus gestrichen, 270 Mill. bei der Wohngeldveranschlagung, 350 Mill. bei den Regionalisierungsmitteln auf Bund-Länder-Ebene, 70 Mill. bei der Luftverkehrsabgabe, 600 Mill. bei den Zuschüssen zur Rentenversicherung, 480 Mill. bei Steuervergünstigungen in der Forst- und Landwirtschaft. Und so weiter. Auch wenn einige für die Betroffenen schmerzhafte Kürzungen beschlossen wurden: Weder lässt sich eine rote Linie erkennen noch Leitlinien für die künftigen Budgets. Bereits im März sollen ja schon die Eckpunkte für den Etat 2025 feststehen. Geht dann alles wieder von vorne los?

Die großen Unsicherheiten in der deutschen Wirtschaft dürften mit den Ampel-Beschlüssen kaum verschwunden sein. Dies gilt insbesondere für die Deutsche Bahn, die jetzt erst einmal auf rund 4 Mrd. Euro an Privatisierungserlösen hoffen muss, um den Schienenausbau im nächsten Jahr wie geplant durchziehen zu können. Hinzu kommt: Bei der nun für 2024 versprochenen Einhaltung der Schuldenbremse lässt sich die Koalition mit Blick auf die Ukraine doch die eine oder andere Hintertür. Wie hoch mögliche zusätzliche Belastungen aus dem Krieg in dem Land ausfallen müssen, damit doch noch die Notlage ausgerufen wird, lassen die Koalitionäre bislang offen. Das Ergebnis der tagelangen Verhandlungen im Kanzleramt hätte eigentlich ein kraftvoller Neustart in die zweite Hälfte der Legislatur sein können. Eine echte Demonstration der Handlungsfähigkeit hätte aber anders aussehen müssen.

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