Erderwärmung

Klimaclub und die Trittbrettfahrer

Der Klimaclub der G7 ist zwar eine gute Idee. Kritsch ist aber, dass Klimasünder wie China, Indien und Brasilien nicht dabei sind.

Klimaclub und die Trittbrettfahrer

Klimaclub und die Trittbrettfahrer

Von Claus Döring

Der Klimaclub ist eine prima Idee – auf dem Papier. Die Probleme der Umsetzung zeigen sich beim EU-Klimazoll CBAM, dessen dreijährige Testphase jetzt beginnt.  

Willkommen im Club! Das konnte man in diesen Tagen der Schweiz zurufen. Zwar ist der offizielle Beitritt der Schweiz zum Klimaclub der G7 erst im Rahmen der nächsten UN-Klimakonferenz Ende  November in Dubai geplant, doch in internen Papieren der UN wird die Alpenrepublik schon jetzt im Mitgliederverzeichnis aufgeführt. So groß die Freude über jedes neue Clubmitglied zusätzlich zu G7 und EU-Kommission sein mag – und inzwischen gehören auch Australien, Dänemark, Niederlande, Luxemburg, Südkorea, Singapur, Argentinien, Chile, Kolumbien, Uruguay und Indonesien dazu –, so problematisch ist das bisherige und auch absehbare Fernbleiben großer Klimasünder wie China, Indien und Brasilien.  Denn ohne sie wird es nicht gelingen, das Ziel des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu erreichen.

Dass als Geburtshelfer des Klimaclubs Bundeskanzler Olaf Scholz gilt, ist kein Zufall. Denn Deutschland als industrielle Exportnation wird am stärksten unter den steigenden Klima- und  Energiekosten auf dem Weg zum Netto-null-Ziel  für den Treibhausgasausstoß leiden. Deshalb können der vor einem Jahr initiierte Klimaclub der G7 und der jetzt in die Testphase gehende Klimazoll der EU als Zwillingsschwestern gelten. Geistiger Vater dieses Pärchens ist der amerikanische Ökonom William Nordhaus, der 2018 dafür den Wirtschafts-Nobelpreis erhielt. Nach dessen Modell sollten die Clubmitglieder einen Mindestpreis für die CO2-Emissionen vereinbaren und alle Nicht-Mitglieder zum Ausgleich mit einem Strafzoll auf den Güterhandel belegen. Dies soll verhindern, dass Staaten ohne Beitrag zum Klimaschutz Trittbrettfahrer werden und dank niedrigerer Kosten sogar zu Profiteuren einer klimaschädlichen Produktion.  

So bestechend der Ansatz von Nordhaus auch ist, so schwierig ist seine politische Umsetzung. Der Klimaclub der G7, Ende vorigen Jahres als „Koalition der Willigen“ gegründet, verlangt eben bisher nur ein Bekenntnis zum Netto-null-Ziel zur Mitte des Jahrhunderts, kennt aber keine finanziellen Verpflichtungen. Bisher sind weder Mindestpreise für CO2-Emissionen noch Strafzölle vorgesehen – und sie sind angesichts der handels- und geopolitischen Zuspitzungen auch nicht zu erwarten. Der Klimaclub droht einer von vielen Debattierclubs zu werden.

Deshalb marschiert die EU-Kommission beim Klimazoll nun voran und will mit dem EU-Grenzausgleich vorexerzieren, wie „Carbon Dumping“ zu verhindern ist und wie ein Klimaclub funktionieren könnte (vgl. Bericht Seite 6). Zu befürchten ist freilich, dass mit der CO2-Grenzabgabe (CBAM), die erst nach der jetzt beginnenden dreijährigen Testphase eingeführt werden soll, schon vorher allein durch den riesigen bürokratischen Aufwand für die Datenerhebung eine Wettbewerbsverzerrung zulasten der europäischen Industrie entsteht. Wenn für Importe in die EU bereits ab 150 Euro der CO2-Fußabdruck ermittelt werden soll, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass viele dieser Importe ihren Fuß gar nicht erst auf europäische Märkte setzen. Und dass europäische Exporteure das Weite suchen. Dem Klima wäre damit jedoch nicht geholfen. Die Klagen aus den betroffenen sechs Sektoren Zement, Eisen/Stahl, Aluminium, Düngemittel, Wasserstoff und Strom über das drohende Regulierungsmonster sollten ernst genommen werden. Vor allem in Brüssel, wo sonst so gerne in Sonntagsreden die Stärkung der europäischen Industrie beschworen wird.

Jenseits der Frage, ob ein solches EU-Zollregime überhaupt mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO vereinbar ist, sollten von den Club-Gründern nicht nur die Pflichten, sondern vor allem die Rechte und Vorzüge der Clubmitgliedschaft ausgebaut werden. Denn was hilft es, wenn die Clubmitglieder zwar das bessere Umwelt-Gewissen haben, die Trittbrettfahrer aber am Ende die besseren Geschäfte machen und deshalb unterm Strich die Umweltbelastung zunimmt?          

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