KommentarKonjunktur und Geldpolitik

Unverwüstlicher US-Arbeitsmarkt

Die hohen Zinsen haben dem Aufschwung am US-Arbeitsmarkt keinen Abbruch getan. Da das Stellenwachstum von nur moderaten Preissteigerungen begleitet wird, braucht die Notenbank vorläufig nicht weiter an der Zinsschraube zu drehen.

Unverwüstlicher US-Arbeitsmarkt

US-Arbeitsmarkt

Unverwüstlicher Jobmarkt

Von Peter De Thier

Die Zinsen haben den höchsten Stand seit über 20 Jahren erreicht, die politische Dysfunktionalität in Washington ist auf einem neuen Höhepunkt angelangt, die Verbrauchererwartungen sinken, und wie reagiert der US-Arbeitsmarkt? Ungeachtet des schwierigen Umfelds brummt der Jobmotor weiter. Im September stellten Firmen fast doppelt so viele Mitarbeiter ein wie erwartet, und mit 3,8% ist die Arbeitslosenquote nicht weit von statistischer Vollbeschäftigung entfernt. 

Fest steht, dass der US-Arbeitsmarkt ungeachtet der zahlreichen Herausforderungen bemerkenswerte Resistenz gezeigt hat. Der Beschäftigungsaufbau hat sich 33 Monate in Folge fortgesetzt, und mittlerweile konnten sämtliche Jobs, die während der Corona-Pandemie gestrichen wurden, zurückgewonnen werden. Zwar haben Tech-Unternehmen zahlreiche Mitarbeiter entlassen. Getrieben wird der Markt aber von anderen Branchen, insbesondere von mittelständischen Unternehmen, die wegen der andauernden Engpässe sich weiter schwertun, qualifizierte Fachkräfte zu finden. 

Dabei hatte alles ganz anders kommen sollen. Analysten hatten vorausgesagt, dass der straffe geldpolitische Kurs der US-Notenbank dem Stellenwachstum einen kräftigen Dämpfer verpassen würde. Unterdessen ist nicht nur die Abschwächung ausgeblieben. Der robuste Arbeitsmarkt  hat sogar dazu geführt, dass sich Rezessionsängste verflüchtigt haben. So hat die Fed seit Juni ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr von 1,0% auf 2,1% deutlich nach oben korrigiert und erwartet zudem, dass der Inflationsdruck weiter nachlassen wird.  Auch bestätigt der nunmehr moderate Lohnanstieg den Optimismus der Währungshüter. Die Löhne legten im September nur um 0,2% und gegenüber dem Vorjahr um 4,2% zu. 

Beides signalisiert, dass der Kampf gegen die hohe Inflation noch nicht ausgestanden ist, die elf Zinserhöhungen, die seit März letzten Jahres beschlossen wurden, aber schon Wirkung gezeigt haben. Was bedeutet das also für den künftigen Kurs der US-Geldpolitik? Notenbank-Chef Jerome Powell hat betont, dass sich die Fed alle Optionen offenhalten wird, und das ist gut so. Schließlich ist ein plötzlicher Inflationsschub, ob er durch Energiepreise, die wachsende Zahl von Streiks in den USA oder andere Faktoren ausgelöst wird, nicht auszuschließen. Setzen sich der Stellenaufbau und das Wirtschaftswachstum, gepaart mit nur moderaten Preissteigerungen, aber weiter fort, dann hat die Fed vorläufig keinen Anlass, die Zügel noch straffer zu ziehen.

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