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Microsofts altbekannter Sündenfall

Microsoft hat den Siegeszug von Teams mit der altbewährten Bündelstrategie erreicht. Die Kartellbehörden reagieren – aber immer zu spät.

Microsofts altbekannter Sündenfall

Microsoft

Altbekannter
Sündenfall

Von Heidi Rohde

Bündelung hat bei Microsoft Methode. Das ist nicht erst seit der kostenlosen Integration der Kollaborationssoftware Teams in das Office-Programmpaket des Softwareriesen bekannt, über die sich die Salesforce-Tochter Slack bei der EU beschwert hatte. Mit Beginn des legendären Browserkriegs gegen den kleinen Konkurrenten Netscape, den der Windows-Konzern mit der freien Verfügbarkeit seines Internet Explorers an die Wand drückte, wiederholte sich das Schema allzu oft bei neuen Software-Tools, die nicht selten einem Vorbild von innovativen Konkurrenten nachempfunden waren. Die EU hat den US-Konzern wegen derlei verbotener Verzahnung in den vergangenen Jahren zu Geldstrafen von 2,2 Mrd. Euro verdonnert.

Auch die Beschwerde von Slack zeigte nun Wirkung. Microsoft sieht sich gezwungen, für ihre Teams-Software einen eigenen Preis auszuweisen bzw. Office ohne Teams entsprechend zu verbilligen, um einer erneuten EU-Strafe zuvorzukommen. Leider nicht zuvorgekommen sind allerdings die Behörden einer Marktanteilsentwicklung bei Kollaborationssoftware, die die Folge eines erneuten Missbrauchs von Marktmacht ist. Microsoft, die auch von Milliardenstrafen der Kartellbehörden in der Regel finanziell kaum getroffen wird, hat Teams in Verbindung mit Office in ihrer globalen Kundenbasis bereits so weit verankert, dass diese Bastion von der Konkurrenz schwerlich zu knacken ist.

Unterdessen lässt der Windows-Konzern auch weiterhin nichts unversucht, um seine wichtigen Produkte beim Kunden auch anderweitig zu "verknüpfen". So beschwerte sich der französische Cloud-Hoster OVH in diesem Frühjahr, dass Kunden, die Microsoft-Lizenzprodukte wie Office auf einer anderen Plattform als dem hauseigenen Webhoster Azure nutzen wollten, höhere Lizenzgebühren bezahlen mussten.

Dies offenbart die Fülle der Möglichkeiten, die marktmächtige Technologiekonzerne haben, um ihre digitalen Geschäftsmodelle so auszugestalten, dass sie der Konkurrenz auch ohne gesteigerte Innovationskraft beikommen. Die Behörden befinden sich dabei in einem aussichtslosen Wettlauf gegen die Zeit, solange ihre Instrumente auf langwierige Ermittlungsverfahren gestützt werden müssen, die insbesondere der Geschwindigkeit der Digitalwirtschaft nicht mehr gerecht werden.

Erkannt ist das Problem schon länger – und auch beispielsweise im deutschen Kartellrecht adressiert, das den Behörden in bestimmten Fällen die Möglichkeit gibt, frühzeitig einzugreifen. Das Beispiel müsste Schule machen.