Infineon

Kunststück

Infineon hatte bereits seine Produktions-Kapazitäten ausgebaut, da war das Ausmaß der Chipkrise noch gar nicht abzusehen. Davon profitiert das Unternehmen nun enorm. Doch es lauern auch Risiken in China.

Kunststück

Infineon hat ein Kunststück vollbracht. Trotz der Skepsis am Markt gegenüber der Halbleiterindustrie aufgrund der Chipknappheit ist es dem deutschen Branchenprimus gelungen, die Anleger zu überzeugen. Zum Kapitalmarkttag konnten Vorstandschef Reinhard Ploss und seine Mannschaft vor allem mit einer robusten Prognose für das angelaufene Geschäftsjahr 2022 (30. September) an der Börse punkten. Der Dax-Konzern steuert auf Rekordwerte zu bei den Kernfinanzkennziffern Um­satz, Ergebnis und Marge. Das ist mehr, als Analysten dem Unternehmen zugetraut hatten.

Vor diesem Hintergrund kann der CEO für sich in Anspruch nehmen, an der Spitze eines agilen Hauses zu stehen, welches den gegenwärtigen Widrigkeiten zum Trotz gewachsen ist. Der Hochtechnologie-Wirtschaftszweig befindet sich in einem Ungleichgewicht. Die Nachfrage übertrifft deutlich das Angebot. Nach dem überwundenen Coronaschock agiert die Branche in einem zyklischen Ausnahmezustand. Wie ihre Wettbewerber kommt Infineon derzeit kaum mit der Belieferung der Abnehmer nach, da die wirtschaftliche Erholung schneller vorangeht als ursprünglich erwartet. Begehrt sind Mikrochips in der Autoindustrie, die besonders stark vom Chipmangel betroffen ist. Bis Angebot und Nachfrage wieder ins Lot kommen, dürfte es noch eine Weile dauern – frühestens in der zweiten Hälfte 2022. Bis dahin profitiert Infineon von den „windfall profits“, die sich im Chipboom für die Hersteller ergeben. Aus Sicht von Ploss sind die Kunden bereit, Mondpreise zu zahlen. Ohne den derzeitigen Lieferengpass bei seinen asiatischen Auftragsfertigern könnte der Konzern allerdings noch mehr umsetzen.

Ploss hatte bereits zu einem Zeitpunkt vorgesorgt, als das Ausmaß der Krise der Lieferketten noch gar nicht abzusehen war. Längst vor Ausbruch der Pandemie beschloss der Vorstand, auf Basis moderner 300-mm-Technologien die Kapazitäten zügig auszubauen, um die Strategie voranzutreiben. Das sorgt nun bei Infineon für einen Investitionsschub in einer bisher nie dagewesenen Dimension. Das verschafft dem Konzern einen zeitlichen Vorteil gegenüber Wettbewerbern, die auf diesem Gebiet zu zaghaft waren.

Für Infineon kann sich dieses Vorpreschen unter dem Strich auszahlen – vorausgesetzt, die wachsende Verunsicherung in Peking (Stichwort Evergrande) macht dem CEO keinen Strich durch die Rechnung. Denn China steht für rund 30% des Umsatzes. Das birgt für Infineon nicht nur Chancen, sondern auch operative Risiken.

(Börsen-Zeitung,

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