KommentarBauernproteste

Lautstark und überzogen

Die Bauern protestieren für eine Subvention, die klimaschädlich und ordnungspolitisch falsch ist. Die Ampel sollte hart bleiben.

Lautstark und überzogen

Bauernproteste

Lautstark und überzogen

Von Angela Wefers

Die Bauern protestieren für eine klimaschädliche und ordnungspolitisch falsche Subvention.

Wir fahren, wir fahren, wir fahren nach Berlin. Nicht Fußballfans, sondern protestierende Bauern und Transportunternehmer blockierten in der Hauptstadt am Montag zentrale Verkehrsadern am Brandenburger Tor. Schon Sonntag nach Mitternacht rollten Traktorcorsos – begleitet von lautstarkem Hupkonzert und einer Lichtorgel aus Warnblinkanlagen – über die Einfallstraßen in die dunkle, schlafende Stadt. Das Ziel: Alle finanziellen Vergünstigungen, die die Ampel zum Stopfen ihres Haushaltslochs von 17 Mrd. Euro gestrichen hatte, soll die Regierung zurückziehen.

Die Streichung der Kfz-Steuerbefreiung hatte die Ampel entgegen ihren ersten Plänen schon zurückgenommen. Die Agrardiesel-Vergünstigung soll nun nicht mehr in einem Schritt, sondern über drei Jahre verteilt fallen. Aber auch das lehnen die Bauern ab, sie wollen alles kippen. Die Regierung bleibt bislang hart bei der Streichung der Subvention. Es ist richtig, dass sich die Ampel nicht dem Druck der Straße beugt. Wer am lautesten schreit, hat deshalb nicht recht. Es wäre auch der Dimension des Themas nicht angemessen.

Bei der Subvention des Agrardiesels geht es um 420 Mill. Euro jährlich, knapp 0,1% des Bundeshaushalts. Schätzungsweise 2.500 bis 3.000 Euro büßt der einzelne Landwirt im Jahr ein, wenn Agrardiesel normal besteuert wird. Für den einzelnen Betrieb ist die Kürzung schmerzlich. Aber sie ist nicht existenzbedrohend. Das gesteht auch der Bauernverband zu.

Klima- und ordnungspolitisch wäre das Zementieren der Agrardiesel-Subventionen falsch. Die Landwirtschaft trug 2022 hierzulande rund 1% zur Bruttowertschöpfung bei, aber ein Mehrfaches davon zu den Treibhausgasemissionen. Der geringe Effekt von Dieselfahrten macht die Bilanz nicht besser. Dass die Bauern kurzfristig keine Alternative zu dieselgetriebenen Landmaschinen haben, ist richtig. Verteuerter Diesel würde den Umbau von Flotten aber beschleunigen. Die Marktwirtschaft ist schnell und ideenreich.

Die Subvention hilft auch nicht den kleinen Bauern. Die höheren Gewinne fließen Ökonomen zufolge nicht in die Tasche der Landwirte, sondern treiben die Pachtpreise hoch. Es profitieren die Grundbesitzer. Ohne Subventionen gerieten die Pachtpreise unter Druck. Entlasten könnte die Bauern ein Erstattungssystem wie in anderen Ländern – zielgenau nach Einkommen.

Das letzte Wort aber hat nicht mehr die Regierung, sondern der Bundestag. Dort wird derzeit der Haushaltsentwurf 2024 mit seinen Kürzungen beraten, am Donnerstag in der abschließenden Ausschusssitzung. Den Parlamentariern ist Stehvermögen zu wünschen.

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