KommentarFlugzeugbauer braucht frische Mittel

Letzte Rettung für das Rating von Boeing

Boeing muss alles tun, um ein Abrutschen der Bonitätsnote in den Ramschbereich zu verhindern. Auch mit temporären Finanzierungen hat der Konzern aktuell wenig zu verlieren. Der Investmentgrade ist für viele Investoren das größte Asset des Flugzeugbauers.

Letzte Rettung für das Rating von Boeing

Boeing

Letzte Rettung für das Rating

Von Alex Wehnert

Boeing muss alles tun, den Investmentgrade zu halten. Es ist das einzige Asset, auf das Investoren noch zählen können.

Boeing sendet mit ihrer angepeilten Kapitalspritze ein klares Signal an die Finanzmärkte: Der kriselnde US-Flugzeugbauer hat erkannt, alles tun zu müssen, um ein Abrutschen seines Bonitätsratings in den Junk-Bereich zu verhindern. Genau vor einer solchen Herabstufung hatten die Analysten von S&P Global in der vergangenen Woche eindringlich gewarnt und klar betont, dass der Konzern frisches Cash benötige. Nun hat sich Boeing eine Kreditlinie von 10 Mrd. Dollar gesichert und will über die Begabe neuer Aktien und Kredite bis zu 25 Mrd. Dollar aufnehmen.

Streik sorgt für Cash Burn

Laut Analysten könnte die bereits vereinbarte Finanzierung ausreichen, um den Konzern aus Arlington durch die engste Liquiditätsklemme infolge des aktuellen Streiks der größten im Unternehmen vertretenen Gewerkschaft zu tragen, der den Flugzeugbauer pro Monat mehr als 1 Mrd. Dollar kostet. Über die aktuelle Krise hinaus wird Boeing weitere Milliardenmittel benötigen, um langfristige Verbindlichkeiten abzubezahlen sowie in Verbesserungen der Produktionsprozesse sowie die Entwicklung neuer Schmalrumpfflugzeuge investieren zu können und damit wieder den Anschluss an Rivalin Airbus zu finden. Doch in der Kommunikation an den Kapitalmarkt muss zunächst die kurzfristige Notlage im Fokus stehen.

Natürlich deutet die Tatsache, dass Boeing temporäre Finanzierung benötigt, ebenso wie die vagen Formulierungen in den bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereichten Anträgen darauf hin, dass die beteiligten Banken bei der Vermarktung neuer Boeing-Aktien und -Kredite mit erheblichen Schwierigkeiten rechnen. Noch schwieriger würde diese allerdings, wenn der Flugzeugbauer sein aktuelles Rating von „BBB-“ verlieren und damit aus dem Investment-Grade-Segment rutschen würde.

Warnsignal für den Wirtschaftsstandort

Auch das erneute unangenehme Eingeständnis, temporäre Finanzierungen zu benötigen, ist für die Ikone der US-Industrie aktuell daher alternativlos, um die langfristige Konkurrenzfähigkeit zu sichern – auch für die Vereinigten Staaten als Wirtschaftsstandort wäre ein Absturz in den Ramschbereich schließlich ein nicht zu unterschätzendes Negativsignal.

Ohnehin hat Boeing, sofern ihr der Verbleib im Investment Grade gelingt, an den Kapitalmärkten wenig zu verlieren. Das Image der Marke hat unter den zahlreichen Zwischenfällen mit ihren Flugzeugen in den vergangenen Jahren und dabei offenbar gewordenen Qualitätsmängeln in der Produktion schon so stark gelitten, dass Investoren abseits einer Rating-Herabstufung wohl nur noch wenig schocken kann.

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