Mailand ist schrill und bunt
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Mailand ist schrill und bunt
Von Gerhard Bläske
Mailand ist die einzige wirklich internationale Metropole Italiens und die Welthauptstadt des Designs, der Mode und der Möbelbranche. Nie wird das so deutlich wie bei der Internationalen Möbelmesse, die in der vergangenen Woche zum 62. Mal stattfand. 1.950 Aussteller drängten sich auf den 174.000 Quadratmetern auf dem Mailänder Messegelände. 361.000 Besucher kamen.
Doch die „fiera“ ist ein Ereignis, das die ganze Stadt einbezieht und Besucher aus aller Welt anzieht. Im gesamten Stadtgebiet, insbesondere im Trendviertel Brera, aber auch um die hippe Via Tortona im Südwesten der Stadt, in der Nähe der Navigli, wo sich viele Start-ups und Kreative angesiedelt haben, stellen Unternehmen und Läden im Rahmen des sogenannten Fuorisalone teilweise aufwendige Kunstinstallationen vor. Mancherorts ist gar kein Durchkommen angesichts der Menschenmassen, die sich durch die Straßen und Läden ziehen. Die Sonne scheint, es ist bunt und manchmal auch schrill. Allein 850 Events bot der Fuorisalone in diesem Jahr, und es gibt Befürchtungen, damit werde der eigentlichen Messe die Show gestohlen. Angeblich 261 Mill. Euro lassen die Gäste des Fuorisalone, zu etwa drei Viertel ausländische Besucher, in der Stadt: in Restaurants, Cafés, Hotels und anderen Unterkünften und in Geschäften.
Nachhaltigkeit prägt die Veranstaltung
Die Krisen und Kriege dieser Tage scheinen weiter weg denn je und werden kaum thematisiert. Ein wichtiges Thema ist die Nachhaltigkeit, das viele der Veranstaltungen prägt, etwa mit Installationen aus Abfallprodukten. Die Thematik wird jedoch eher spielerisch und nicht ideologisch aufgeheizt dargestellt. Von der „Letzten Generation“ ist hier nichts zu sehen und zu hören, obwohl gerade Mailand regelmäßig unter einer starken Luftverschmutzung leidet. In diesen Tagen vertrieb der Wind die schlechte Luft.
Auch die Pandemie ist vergessen und vorbei. Die internationalen Besucher sind in großer Zahl da: viele Deutsche und Amerikaner, aber auch Japaner und Chinesen. Selbst für einfache Unterkünfte werden in diesen Tagen oft Hunderte von Euro pro Tag fällig – sofern man überhaupt einen Schlafplatz findet.
Obwohl die Möbelbranche ein Krisenjahr hinter sich hat, mit rückläufigen Umsätzen und Exporten, war die Stimmung optimistisch. Italiens Möbel- und Designbranche ist eines der Aushängeschilder des „Made in Italy“ und kam nach Angaben der Bank Intesa Sanpaolo 2023 auf einen Umsatz von 25,8 Mrd. Euro. Die knapp 20.000 meist mittelständischen Unternehmen der Möbelbranche, die 128.000 Mitarbeiter beschäftigen, exportieren Waren im Wert von 13 Mrd. Euro. Viele der Unternehmen sind, ähnlich wie die Modeproduzenten des Landes, im Luxussegment angesiedelt. Etliche haben jedoch Nachholbedarf, was die Effizienz ihrer Produktionsprozesse und des Energieeinsatzes, aber auch das Thema Digitalisierung und die Nachhaltigkeit angeht. Die Intesa Sanpaolo will „helfen“, die notwendigen Investitionen anzustoßen.