KommentarFlatexDegiro stellt Mittelfristziele vor

Mehr Neobroker wagen

Den Anlegern gefällt die Prognose von FlatexDegiro für dieses Jahr nicht. Dabei sieht das, was der neue CEO Oliver Behrens als Agenda bis 2027 ins Schaufenster stellt, ganz gut aus.

Mehr Neobroker wagen

KOMMENTAR

Mehr Neobroker wagen

Von Björn Godenrath

Oliver Behrens und Benon Janos trauen den Märkten nicht so ganz. Anders lässt sich der weite Korridor bei der Umsatzprognose für 2025 nicht interpretieren, die der neue CEO und der alte CFO von FlatexDegiro am Dienstag vorstellten. Beim Umsatz werden plus/minus 5% in Aussicht gestellt, wofür in der Regel die Trading-Aktivität der Kunden den Ausschlag gibt. Janos registrierte eine Seitwärtsbewegung beim Handelsniveau – und da man sich bei den Zinserträgen branchenbedingt auf Einbußen einstellt, kann man nicht darauf vertrauen, das mit Transaktionswachstum überkompensieren zu können. Dementsprechend wird der Nettogewinn in einem breiten Korridor von +10% bis −5% erwartet.

Anleger zunächst skeptisch

„Ich bin erst sechs Monate da, bitte haben Sie ein klein wenig Geduld“, so Behrens zum Erwartungsmanagement. Dabei hat er in dieser Zeit schon einiges aufgegleist und dem Markt mittelfristige Ziele vermittelt, die einen auf 200 Mill. Euro erhöhten Nettogewinn bis 2027 vorsehen, was nach einem Rekordgewinn von 112 Mill. Euro keine Kleinigkeit ist und für glückliche Gesichter sorgen sollte. Aber Anlegern wollte der kurzfristige Ausblick nicht gefallen, die Aktie verlor in der Spitze über 3%.

Womit sich das Auge auf strategische Maßnahmen und ihre Umsetzungsrisiken richtet. Die Aktivierung von Altkunden versuchte schon sein Vorgänger Frank Niehage, ebenso die Wertpapierleihe. Das muss man jetzt auf die Straße bringen. Aussichtsreich ist zudem, den Handel um Sparpläne erweitern zu wollen, spricht man so doch eine nicht Trading-affine Klientel an. Mehr Neobroker zu wagen könnte helfen, um die Marke zu beleben.

Banking-as-a-Service soll reaktiviert werden

Auch der Kryptohandel mit den (für Kunden) guten Spreads sollte etwas abwerfen, und die Frankfurter könnten mit der erwarteten Micar-Lizenz ganz Europa bespielen. Wobei Behrens ja sowieso mehr ins Detail gehen will beim Auslandsgeschäft, um dieses an lokale Erfordernisse angepasst systematisch zu entwickeln. Im Vertriebsjargon würde man sagen, dass sich hier Upselling-Möglichkeiten ergeben.

Was sich ebenfalls auf der Agenda befindet, sind altmodische Run-the-bank-Renovierungsarbeiten. Niemand mag den immanenten Schmerz einer Vereinheitlichung von IT-Systemen, aber bei FlatexDegiro befinden sie sich jetzt wohl auf den letzten Metern dafür. Auch das bei den im Omniturm ansässigen Frankfurtern eingeschlafene Banking-as-a-Service wird reaktiviert. Es ist ja sinnvoll, Infrastruktur und Lizenz umsatztragend einzusetzen.

Auch der Schritt, den Kunden nun ebenso Festgeldanlagen anzubieten, ist keine Zauberei, trägt aber dazu bei, den Umsatzmix zu verbreitern. Darüber hinaus können temporär vorsichtige Depotinhaber so besser bei der Stange gehalten werden. Auch das Anbinden von Geldmarktfonds sollte man angehen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.