Mehr Tempo dringend nötig
WINDENERGIE
Mehr Tempo
dringend nötig
Von Annette Becker
Auch an Land kommt der Ausbau der Windenergie voran. Das ist die gute Nachricht, welche die einschlägigen Branchenverbände aussenden. Im ersten Halbjahr wurden Windräder mit einer Leistung von 1,6 Gigawatt (GW) errichtet, abzüglich der stillgelegten Anlagen errechnet sich ein Zubau von netto 1,3 GW. Das ist zwar weit mehr als Peanuts und 50% mehr als im ersten Halbjahr 2022. In Summe sind derzeit 59 GW am Netz. Die von der Bundesregierung bis 2030 angestrebten 115 GW lassen sich bei diesem Tempo jedoch nicht erreichen.
Doch auf Knopfdruck lässt sich die Ausbaugeschwindigkeit nicht erhöhen. Trotz einiger Erleichterungen in den Genehmigungsverfahren dauern diese immer noch viel zu lange. Die durchschnittliche Genehmigungsdauer hat sich zuletzt sogar noch einmal erhöht, auf sage und schreibe 24,5 Monate. Zum Vergleich: 2017 dauerte es im Schnitt nur 14 Monate. Erschwerend kommen die eingeschränkten Transportmöglichkeiten hinzu. Zwischen Antrag und Bewilligung eines Schwertransports über die Straße vergehen in Deutschland zwölf Wochen, unsere niederländischen Nachbarn bekommen das in weniger als einer Woche hin.
Die Schuld an der Ausbauflaute einzig den Behörden in die Schuhe zu schieben, ginge jedoch auch an der Realität vorbei. Denn der Genehmigungsstau aus der vorherigen Legislaturperiode ist noch nicht abgebaut. Obwohl die Bundesnetzagentur die Gebotshöchstwerte zum Jahresbeginn heraufsetzte, waren die jüngsten Ausschreibungen für Onshore-Windparks erneut unterzeichnet.
Ins Kontor der Windanlagenbauer schlägt die Inflation, die sich über die gesamte Wertschöpfungskette erstreckt; inklusive gestiegener Zinskosten, die so manches Projekt unwirtschaftlich werden lässt.
Ganz anders sieht es bei Offshore-Projekten aus. Gerade einmal eine Woche ist es her, dass die Bundesnetzagentur mit der Versteigerung von vier Windparkflächen auf See die Rekordsumme von 12,6 Mrd. Euro einspielte. BP und Total erkauften sich für diese Summe das Recht, auf den ausgewiesenen Flächen Windkraftanlagen zu bauen. Die Kosten für Bau und Betrieb kommen on top. Dennoch dürfte die Rechnung für die Ölmultis aufgehen, denn leistungsstarke Offshore-Anlagen sind für feste Abnahmeverträge mit der Industrie weitaus besser geeignet als kleinteilige Onshore-Anlagen, zumal der Abnahmepreis Verhandlungssache ist. Es scheint an der Zeit, das Ausschreibungsdesign für beide Formen der Windenergie zu überarbeiten.