Notiert inRegulierungshauptstadt

Mein Nachbar, der ISSB

Die Hochhäuser von Commerzbank oder Helaba kennt jeder. Aber wo residiert eigentlich die EU-Versicherungsaufsicht Eiopa, und wo der Nachhaltigkeits-Standardsetzer ISSB?

Mein Nachbar, der ISSB

Notiert in Frankfurt

Mein Nachbar, der ISSB

Von Detlef Fechtner

Neulich bin ich mit einem Beifahrer auf der A5 von Darmstadt aus Richtung Norden unterwegs gewesen, der allem Anschein nach noch nie in Frankfurt gewesen ist. Als wir den Flughafen passiert hatten und die Stadt langsam sichtbar wurde, bemerkte er ernüchtert: „Die Skyline ist aber viel weniger imposant, als ich mir das vorgestellt habe.“ Ich wies ihn höflich darauf hin, dass das, was er gerade in Augenschein nehme, die Bürostadt Niederrad sei – und das, im doppelten Wortsinne, Highlight Frankfurts ja erst etwas später ins Blickfeld kommen würde. Kurz darauf war er dann auch mit der Kulisse zufrieden.

Dabei hat die Skyline Frankfurts – einer definitiv nicht repräsentativen Umfrage unter Kollegen und Freunden zufolge – zuletzt an optischer Attraktivität eingebüßt. Denn durch die Verdichtung des Zentrums zwischen Großer Gallusstraße, Neuer Schlesingergasse und Junghofstraße verschwinden die Zwischenräume und Lichtschlitze zwischen den Wolkenkratzern. Die Hochhäuser verwachsen sukzessive zum großen Klumpen. Zeitgleich zu dieser Verdichtung im Kern auf der einen Seite erlebt das Bankenviertel auf der anderen Seite eine Streuung hin zur Peripherie. Entlang der Theodor-Heuss-Allee wächst das Bankenviertel in Richtung Bockenheim: ING, Finanz Informatik, Amexco, Degussa Bank, Rentenbank haben sich in den vergangenen Jahren gegenüber dem Messegelände angesiedelt. Und es werden ständig mehr.

Immerhin ist die Bundesbank näher in die Stadt gerückt. Aber gerade unter Aufsehern, Regel- und Standardsetzern gibt es viele, deren Adressen keiner kennt. Hand aufs Herz: Wissen Sie, wo die BaFin in Frankfurt residiert – und wo die EIOPA und der ISSB? Gewiss, der ein oder andere mag das Gebäude der Finanzaufsicht BaFin im Mertonviertel schon einmal wahrgenommen haben, mancher vielleicht auch, dass die EU-Versicherungsaufsicht EIOPA im „Gerippten“, also dem Glaspalast im Westhafen, zu Hause ist. Aber der ISSB, also jener Standardsetzer, dessen Ansiedlung am Main so lautstark als Erfolg für den Finanzplatz gefeiert worden ist?

Wenn Sie es nicht wissen, sind Sie in guter Gesellschaft. Jüngst traf ich im Eingang des Bürogebäudes am Opernplatz 14 einen Mann, der sich als Experte für Nachhaltigkeit zu erkennen gab. Er war völlig baff, als ich ihm erklärte, dass er Büronachbar des International Sustainability Standards Board sei. Geradezu unscheinbar firmiert der ISSB auf einer Tafel mit 50 anderen Adressen im Bürohaus hinter der Alten Oper.

Zugegebenermaßen spielt es in Frankfurt unter dem Aspekt der kurzen Wege nicht die ganz große Rolle, wo sich eine Bank oder Behörde in der Stadt niederlässt. Schließlich ist man in Frankfurt meist in wenigen Minuten von einem Standort zu jedem anderen Punkt der Stadt unterwegs – zumindest wenn man das Fahrrad oder die U-Bahn benutzt. Deshalb gibt es in Frankfurt ja auch, anders als in Berlin, nicht die Tradition des „Weg-Biers“. Denn wer kann schon einen halben Liter zwischen Galluswarte und Hauptwache leeren. Das geht ja quasi nur auf ex.

Nein, verglichen mit echten Metropolen ist Frankfurt ein globales Städtchen. Mit allen Konsequenzen: Das, was in Frankfurt unter „Park“ firmiert (sei es Holzhausen, Rothschild oder Bethmann), würde in London oder Paris gewiss allenfalls als Anlage eingestuft, wenn nicht gar als Grünstreifen.

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