ESG-ETFs

Nachhaltige Indexfonds sind „gefragt wie nie“

ESG-ETFs profitieren von den zwei Megatrends der Fondsbranche: dem Boom bei preisgünstigen passive Investments und Nachhaltigkeit. Die Wachstumsperspektiven sind daher ausgezeichnet.

Nachhaltige Indexfonds sind „gefragt wie nie“

Von Werner Rüppel, Frankfurt

In der Fondsindustrie gibt es zwei bestimmende Megatrends. Der eine ist die seit Jahren hohe Nachfrage nach den transparenten und preisgünstigen börsengehandelten Indexfonds, den ETFs. Der andere ist das wachsende Interesse der Gesellschaft, von Investoren und auch der Fondsindustrie selbst an nachhaltigen Geldanlagen. Diese beiden dynamischen Megatrends werden in einem Produkt vereint: den ESG-ETFs, wobei ESG bekanntlich für die Bereiche Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung) steht.

Nun ist die ETF-Industrie weltweit im vergangenen Jahr und in den ersten beiden Monaten dieses Jahres kräftig gewachsen. Hohe Mittelzuflüsse, die zuletzt Rekorde erreichten, sowie haussierende Aktienmärkte haben dazu geführt, dass nach Angaben des unabhängigen Analysehauses ETFGI per Ende Februar weltweit bereits 8,3 Bill. Dollar in ETFs und den vom Volumen her deutlich weniger wichtigen anderen börsengehandelten Produkten (ETPs) angelegt sind.

Während nachhaltige ETFs bis Ende 2018 eher noch eine gewisse Nische darstellten, hat ihr Volumen seitdem überdurchschnittlich stark zugelegt, das Wachstum ist geradezu exponentiell. Betrug das Volumen der weltweit in ESG-ETFs verwalteten Gelder Ende 2018 gerade einmal 25 Mrd. Dollar, so waren es Ende 2019 bereits 61 Mrd. Dollar und Ende 2020 schon 187 Mrd. Dollar. Ende Februar wurde dann mit 227 Mrd. Dollar erneut ein Rekordvolumen erreicht. Einher ging dieses Wachstum mit einer Produktoffensive der ETF-Industrie bei ESG sowie Rekorden bei den Mittelzuflüssen. Diese betrugen im Februar 21 Mrd. Dollar und in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres in Summe 41 Mrd. Dollar. Weltweit ist die Zahl der ESG-ETFs von 234 Ende 2018 auf 527 Ende Februar geklettert.

In Europa boomen die nachhaltigen ETFs noch stärker als in der weltweiten Betrachtung. So stellt Lyxor in seinem Money Monitor für Februar fest, dass ESG-ETFs von einem „beispiellosen Nachfragetrend“ profitiert und „beeindruckende 12,6 Mrd. Euro eingesammelt“ haben. Nicht allein, dass dies einen neuen Rekord für diese börsennotierten Indexfonds darstellt, satte 70% der gesamten ETF-Zuflüsse in Europa entfielen auf ESG-Produkte. Kein Wunder, dass Lyxor schreibt, dass diese „gefragt wie nie“ seien. Dabei waren übrigens nahezu gleichermaßen nachhaltige Aktien-ETFs wie auch Anleihe-ETFs gefragt.

Dass nachhaltige Produkte im Fondsmantel hierzulande und in Europa zunehmend gekauft werden, gilt übrigens für die gesamte Investmentindustrie, also auch für aktive Fonds. „Das Segment der nachhaltigen Fonds ist noch jung, wächst aber mit rasanter Geschwindigkeit“, stellt Alexander Schindler, Präsident des Branchenverbands BVI, fest. In Deutschland entfiel im vergangenen Jahr knapp die Hälfte des Neugeschäfts bei Publikumsfonds in Höhe von 20,6 Mrd. Euro auf nachhaltige Fonds. „2017 lag der Anteil am Neugeschäft noch bei 6%“, ordnet Schindler ein.

Bei nachhaltigen ETFs stellen sich nun zwei Fragen. Die erste lautet, ob ETFs überhaupt Nachhaltigkeit können oder ob das Label in ihrem Fall nur leeres Marketing darstellt. Die zweite, ob sich das rasante Wachstum der nachhaltigen und ESG-ETFs in den kommenden Monaten und Jahren fortsetzen wird.

Kritiker haben über Jahre an ETFs moniert, dass die rein passive Indexabbildung auf Dauer wohl kaum die Performance aktiver Produkte erreichen könne. Dies hat sich als Vorurteil herausgestellt. ETFs weisen deutlich niedrigere laufende Kosten als aktive Fonds auf. Und aufgrund dieses Preisvorteils erzielt die meisten ETFs langfristig eine höhere Performance als vergleichbare aktive Fonds. Indexfonds können auch sehr wohl nachhaltig ausgerichtet sein und sind zur ESG-Integration geeignet. Bei Indexanbietern wie MSCI, FTSE oder Solactive arbeiten etliche „Rocket Scientists“, um dies zu be­werkstelligen. „Es zeigt sich zunehmend, dass Indexprodukte ernstzunehmende nachhaltige Anlagen sind“, sagt Klaus Hecher, Leiter ETF bei BNP Paribas Asset Management. „Es hängt jedoch stark von den Regeln der zahlreichen alternativen Indexkonzepte ab, wie gut ein Index mit ESG-Fokus tatsächlich abschneidet.“ Natürlich kann es auch bei bestimmten nachhaltigen ETFs Greenwashing geben, das kommt aber auch bei aktiven Fonds vor.

Neuer Investmentstandard

Nun zu den Wachstumsperspektiven. Nachhaltigkeit ist der neue Standard der Fondsindustrie. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass sich eine nachhaltige Ausrichtung der Geldanlage lohnt, weil die Performance stimmt und Risiken durch dieselbe reduziert werden. Eine wachsende Zahl institutioneller und privater Investoren präferiert einen nachhaltigen Fokus. Nun können ETFs Nachhaltigkeit, die Produktpalette ist groß und wächst stetig, und Passivfonds weisen auch im nachhaltigen Gewand niedrigere laufende Kosten aus als vergleichbare aktive Produkte. Es deutet also alles darauf hin, dass ESG-ETFs weiter enorm wachsen werden.