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Nein zu gemeinsamen Euro-Staatsbonds!

Die EZB bringt in einem Blog-Beitrag das Thema gemeinsame Euro-Staatsanleihen auf den Tisch. Eine Vergemeinschaftung von Schulden ist allerdings grundsätzlich abzulehnen.

Nein zu gemeinsamen Euro-Staatsbonds!

Die Europäische Union (EU) ist als Emittent an den internationalen Märkten für Schuldpapiere tätig, um Gelder für Projekte der EU zu beschaffen. Die EU als Emittent ist mittlerweile so groß, dass sie bei den Indexanbietern von dem gegenwärtigen Segment SSA (Supranationals, Sub-Sovereigns, Agencies) als sogenannter Super-Sovereign demnächst wohl in das Segment der Staaten wechseln wird, um das SSA-Segment nicht zu verzerren. Viele Anleihen heißt meist auch gute Marktposition und liquide Papiere, aber auch: viele Schulden. Daneben treten auch die Staaten Europas/Eurozone an den Geld- und Anleihemärkten auf, also auf Zentralstaatsebene. Der Bund bringt über seinen Schuldenmanager Deutsche Finanzagentur in diesem Jahr Schuldtitel für ca. 440 Mrd. Euro und hat Schuldpapiere für 1,869 Bill. Euro (Stand 31.7.24) ausstehen. Er ist Benchmark-Emittent der Eurozone, hat viele liquide Anleihen, damit aber auch nicht gerade wenig Schulden. Hinzu kommen die Gebietskörperschaften, die auch noch an den Märkten für Schuldpapiere tätig sind. Dazu gehören Länder, Städte, Gemeinden. Sie bedienen auch die ganze Laufzeitenbandbreite, Nordrhein-Westfalen etwa hat Schulden schon bis 100 Jahre gestreckt. Auf Zentralstaatsebene gibt es Jahrhundertbonds von Österreich. Und mitunter tun sich diese Adressen auch noch zusammen, wie etwa beim Länderjumbo, hinter dem mehrere deutsche Länder stehen. Und eine gemeinsame Bund-Länder-Anleihe gab es auch schon mal, zum Glück fand diese Vergemeinschaftung von Schulden nur einmal statt, danach starb das Projekt. Hinzu kommen halbstaatliche Adressen, die ja auch einen eigenen Anleiheauftritt haben. Zu denken ist an die Förderbanken, auch sie alle haben viele Anleihen, also viele Schulden. Von den Krediten, die die Banken an staatliche und halbstaatliche Adressen vergeben, ganz zu schweigen.

Genügend Schultern

Mal ehrlich: Sind das wirklich nicht genügend Schultern, auf die die Staatsschulden in Europa/Eurozone inklusive der darunter befindlichen Adressen verteilt werden? Es sind Heerscharen von Analysten, die die Banken beschäftigen und die die Anleihemärkte rauf und runter analysieren, um Investoren noch einen Überblick über diesen Multi-Billionen-Euro-Markt zu geben. Mancher Analyst befasst sich nur mit einem Mosaiksteinchen des Schuldenmarktes, weil er so groß ist. Und da kommt doch nun allen Ernstes in einem Blog-Beitrag der Europäischen Zentralbank (EZB) – schon wieder – der Vorschlag für eine gemeinsame Schuldenaufnahme zur Finanzierung der Investitionen in öffentliche Güter, also gemeinsame Euro-Staatsanleihen. Das ist vollumfänglich abzulehnen, liebe EZB-Autoren.

Zur Erinnerung, denn es ist ja schon ein paar Jahre her: Als die Bondrenditen vor der Euro-Staatsschuldenkrise im positiven Bereich und in der späteren Krise im extrem erhöhten Bereich waren, kam dieser Vorschlag auch schon daher. Zumeist waren es die schwächeren Länder der Gemeinschaft, die den Vorschlag unterbreiteten und auch viele Argumente für eine Einführung dieses neuen Schuldpapiers hatten. Später fielen die Bondrenditen, Schulden wurden günstiger, die Rufe nach gemeinsamen Euro-Staatsbonds leiser. Als selbst die wirtschaftlich schwächsten Länder der Eurozone von negativen Bondrenditen dergestalt profitieren konnten, dass sich mit dem Schuldenmachen auch noch Geld verdienen ließ, da verstummten diese Rufe sogar. Offenbar wollte man im Süden Europas die daraus entstandenen Erträge aus negativen Zinsen nicht teilen. Und nun sind die Bondrenditen wieder positiv und siehe da: Der Vorschlag gemeinsamer Schulden ist auch wieder auf dem Tisch.

Das Motto sollte lauten: Sparen

Ohne Frage gibt es immer wieder neue Finanzierungserfordernisse, die sich aus den Unwägbarkeiten des Lebens ergeben. Es ist aber auch seit Jahren offensichtlich, dass Staaten und Finanzminister keinem übermäßigen Spardrang erlegen sind, um sich für diese Situationen Puffer zu schaffen. Und die Devise kann nun nicht einfach lauten: „Die Schuldenberge werden zwar immer größer, aber wir erfinden neue Schuldpapiere, dann wird es schon irgendwie weitergehen.“ Wer seine Schulden allein nicht mehr stemmen kann, muss entweder sparen oder sich mehr Einnahmen verschaffen, um seine Schulden in den Griff zu bekommen. Aber Schulden zu vergemeinschaften und dann einfach weiterwurschteln ist keine Lösung. Niemals.

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Nein zu gemeinsamen Euro-Staatsbonds

Braucht es wirklich gemeinsame Euro Staatsanleihen? Nein. Die Schuldenlast ist auf genügend Schultern verteilt.

Von Kai Johannsen
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