Nicht Temu, Shein & Co. sind das Problem, sondern die miese Stimmung in Deutschland
Einzelhandel
Der Geldbeutel bleibt zu
Von Martin Dunzendorfer
Das Weihnachtsgeschäft hat begonnen. Nach Definition des Handelsverbandes Deutschland läuft diese Verkaufsphase vom 1. November bis 31. Dezember. In diese Zeit fallen auch Rabattaktionen wie Black Friday (29. November) – den viele Händler zur Black-Friday-Woche ausgebaut haben – und Cyber Monday (2. Dezember). Doch die Aussicht auf hohe Umsätze im deutschen Einzelhandel ist schlecht, denn eine zentrale Rolle für die Konsumbereitschaft spielen die Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung – sowohl im persönlichen Bereich als auch makroökonomisch. Die tatsächliche Lage mag zwar – wie so oft hierzulande – besser sein als die gefühlte, doch die Situation der deutschen Wirtschaft und damit letztlich der Privaten wird noch lange angespannt bleiben.
Regierungskoalition verspielt Vertrauen
Durch den Dauerstreit in der Berliner Regierungskoalition schwindet das Vertrauen in eine bessere Zukunft. Viele Menschen und Unternehmen fühlen sich ohnehin von Digitalisierung, Energiewende, Nachhaltigkeit und nicht zuletzt der Bürokratie überfordert. In einer solchen Gemengelage steht der Sinn nicht nach kostspieligen Einkäufen. Die Jahre des Booms im Online-Handel sind sowieso vorbei, während der stationäre Handel zuletzt ein kleines Comeback erlebte. Doch im Weihnachtsgeschäft 2024 geht es vor allem darum, Erreichtes zu verteidigen.
Qualität und Sicherheit mangelhaft
Derweil punkten junge Online-Marktplätze wie Temu, Shein und Aliexpress, die als Vermittler zwischen Verkäufern (hauptsächlich aus China) und Käufern fungieren, vor allem über niedrige Preise. Doch ist bei ihnen der Anteil ausgelieferter Produkte mit mangelhafter Qualität und Sicherheit hoch. Zudem wird auf Umwelt- und Klimaschutz keine Rücksicht genommen. Dass die EU-Kommission nun ein Verfahren gegen Temu eröffnet hat, weil der Konzern verdächtigt wird, gegen das Gesetz für digitale Dienste verstoßen zu haben, wird dem Ruf weiter schaden. Stationäre und Online-Händler hierzulande müssen also weniger chinesische Billigkonkurrenz fürchten, als vielmehr, dass Deutschland wirtschaftlich den Anschluss an die Spitzengruppe verliert.