KommentarSportartikelindustrie

Der Fehler von Nike

Dass Nike den Fachhandel vernachlässigt hat, rächt sich. Auch ein Adidas-Chef hatte diesen Fehler schon mal gemacht.

Der Fehler von Nike

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Der Fehler
von Nike

Von Joachim Herr

John Donahoe und Kasper Rorsted haben eine Gemeinsamkeit: Sie haben denselben Fehler gemacht. Wie der ehemalige Vorstandschef von Adidas suchte der CEO von Nike den Schlüssel zu höheren Umsatzrenditen im Ausbau des kurzen Wegs zum Konsumenten – dem „Direct-to-Consumer“-Kanal. Beide sind damit auf die Nase gefallen. Der Umsatz von Nike im Online-Geschäft sank in den drei Monaten von März bis Mai um ein ganzes Zehntel. Im Frühjahr wechselte Donahoe die Strategie und startete eine Charmeoffensive in Richtung Händler. Langsam zeigt sich ein Erfolg: Der Erlös mit dem Großhandel wuchs zuletzt währungsbereinigt um 8%.

Wie es geht, kann sich der Nike-CEO von Adidas-Chef Bjørn Gulden abschauen. Für den Norweger stehen die Produkte sowie die Nähe und der direkte Kontakt zu den Händlern ganz oben auf der Prioritätenliste. Diese Wertschätzung kommt dort sehr gut an. Als die Läden in der Corona-Pandemie geschlossen waren, wurden die Sportartikelkonzerne trotz kräftig gestiegener Online-Umsätze schwer gebeutelt. Auch das hat gezeigt, wie wichtig die Fachgeschäfte als Vertriebskanal und für die Sichtbarkeit einer Marke sind. Gulden verzichtet lieber darauf, mit einem stark forcierten Direktgeschäft kurzfristig ein paar Zehntel mehr Marge zu machen.

Erfolg mit Retroschuhen

Zudem hat Adidas dank Retro-Schuhmodellen wie „Samba“, „Gazelle“ und „Campus“ seit einiger Zeit einen Lauf. Flache Sohlen zeichnen diese sogenannten Terrace-Sneaker aus. Gulden hat auf die starke Nachfrage schnell reagiert und höhere Produktionskapazitäten der Auftragsfertiger in Asien geordert. Nike hat eine vergleichbare Palette von Umsatzrennern derzeit nicht im Angebot. Auch von den großen Fußballereignissen, der Europameisterschaft in Deutschland und der Copa América in den USA, profitiert Nike offenbar weniger als der große deutsche Konkurrent. Und das, obwohl Nike mit neun Mannschaften in die EM gestartet war, Adidas nur mit sechs.

Modetrends wechseln allerdings schnell. Irgendwann könnte Nike wieder einen Vorsprung haben. Eine starke Basis im Fachhandel wäre die Voraussetzung.