Im BlickfeldBevorzugtes Investitionsziel

Nordamerika zieht Kapital der Milliardäre an

Der Lebensmittelpunkt mag woanders liegen, doch das Kapital nahezu aller Milliardäre fließt derzeit bevorzugt nach Nordamerika. Bevorzugte Anlageklassen sind laut UBS-Report Immobilien, Aktien und Edelmetalle.

Nordamerika zieht Kapital der Milliardäre an

Im Blickfeld

Nordamerika zieht Milliardäre an

Jahr für Jahr fühlt die Schweizer UBS einer Auswahl von Superreichen auf den Zahn. Laut aktueller Umfrage wollen fast alle in Nordamerika investieren.

Von Thomas List, Frankfurt

Immobilien, Aktien, Gold/Edelmetalle und Private-Equity-Beteiligungen – das sind laut einer Umfrage der Schweizer UBS in dieser Reihenfolge die Assetklassen, in die Milliardäre in den kommenden zwölf Monaten investieren wollen. Dabei haben Immobilien im Portfolio der Superreichen in den vergangenen zehn Jahren enttäuscht, wie es im diesjährigen „Billionaire Ambitions Report“ heißt.

Diejenigen, deren Vermögen auf Immobilien basiert, haben im vergangenen Jahrzehnt allerdings vor allem im Vergleich zu Industriemogulen und Technologie-Milliardären das Nachsehen gehabt. Mit einem Wertzuwachs von 30% legte ihr Vermögen am wenigsten stark zu. Als Faktoren hierfür nennt der Report die Immobilienkrise in China und den abrupten Zinsanstieg in den USA und Europa seit 2022, der die strukturellen Probleme der Gewerbeimmobilien nach der Pandemie verstärkte.

Cash ist für ein Drittel King

Von den 82 Milliardären, die UBS in der Zeit von April bis September dieses Jahres befragte, will knapp ein Drittel (31%) in den kommenden zwölf Monaten vermehrt Cash halten. Das sind nur zwölf Prozentpunkte weniger als das Top-Ziel Immobilien. Die UBS führt diesen Trend zu mehr Liquidität auf die großen geopolitischen Risiken und die hohen Bewertungen an den Aktienmärkten zurück.

Bevorzugte Region für Anlagen ist für 80% der Befragten Nordamerika, und zwar mit weitem Abstand zu Asien/Ozeanien (ohne China). Dies gilt sowohl kurzfristig als auch mit Blick auf die kommenden fünf Jahre. Das ist ein deutlicher Unterschied zur letzten Umfrage. Denn 2023 hatte lediglich die Hälfte der Teilnehmer angegeben, in Nordamerika investieren zu wollen. Gleichzeitig sackte die Asien-Pazifik-Region um 17 Prozentpunkte auf 25% ab.

Mit Blick auf die kommenden fünf Jahre wollen mehr Milliardäre in Asien/Pazifik anlegen (45%), dafür etwas weniger in Nordamerika (68%). Westeuropa rangiert mit 29% deutlich abgeschlagen auf Platz 3 der bevorzugten Anlageregionen.

Tech-Milliardäre vorn

Technologie-Milliardäre verzeichneten laut dem Report die höchsten Vermögenszuwächse. Verändert haben sich jedoch die Tätigkeitsfelder. Standen bis vor wenigen Jahren noch E-Commerce, Soziale Medien und digitale Zahlungen im Vordergrund, dominieren inzwischen Themen wie generative KI, Cybersicherheit, Fintech, 3D-Druck und Robotik. Im globalen Vergleich dürften hier die USA einen Spitzenplatz einnehmen.

Mit deutlichem Abstand (+178% auf 1,3 Bill. Dollar) liegen Industrie-Milliardäre auf Platz 2 der Milliardäre mit dem größten Vermögenszuwachs. Sie hätten von nationalen Fördermaßnahmen im Bereich der grünen Wirtschaft und der vor allem in den USA propagierten Rückverlagerung von Unternehmen profitiert, schreibt die UBS. Außerdem hätten sie von industriepolitischen Maßnahmen zugunsten von Unternehmen in der Luft- und Raumfahrt und Verteidigung sowie von Elektrofahrzeugproduzenten profitiert.

2020 stellt eine Zäsur dar

Bei einer Gesamtbetrachtung der Vermögensentwicklung bildet das Jahr 2020 eine Zäsur. Wuchs das Vermögen der Milliardäre von 2015 bis 2020 noch im Durchschnitt um jährlich 10%, so war es seitdem nur noch 1%. Das Gesamtvermögen aller Milliardäre legte von 2015 bis 2024 von 6,3 Bill. auf 14 Bill. Dollar zu (+121%).

Die Wachstumsverlangsamung seit 2020 liegt an Festlandchina. Die dort ansässigen 427 Milliardäre mussten in den vergangenen fünf Jahren einen Verlust ihres Vermögens von 16% auf 1,8 Bill. Dollar hinnehmen. Im Fünf-Jahres-Abschnitt davor stieg es dagegen noch um 138% auf 887 Mrd. Dollar. Die Zahl der Milliardäre ging von 2023 auf 2024 um 97 zurück.

Deutschland, Land der Erben

Der Report beleuchtet auch, wie die Milliardäre zu ihren Milliarden gekommen sind. Demnach handelt es sich bei nahezu allen Superreichen aus China um Selfmade-Milliardäre. Auch in den USA sind drei von vier Großvermögen selbst erwirtschaftet. Deutschland rangiert in dieser Betrachtung mit 28% als Schlusslicht. Die deutliche Mehrheit der Superreichen hierzulande hat damit ihr Vermögen geerbt. Sie sind in der UBS-Terminologie Mehrgenerationen-Milliardäre.

Mehrgenerationen-Milliardäre haben in den vergangenen zehn Jahren 1,3 Bill. Dollar geerbt. Diese Zahl unterschätzt das gesamte vererbte Vermögen der Superreichen aber deutlich. Denn eine bedeutende Zahl von Erben dürften nicht Milliardäre, sondern „nur“ (Multi-)Millionäre geworden sein. Für die nächsten 15 Jahre schätzt die UBS, dass Milliardäre ab 70 Jahren 6,3 Bill. Dollar weitergeben werden – an Familienmitglieder, aber auch für wohltätige Zwecke.

Governance der Familie zählt

Wohl auch mit Blick auf das eigene Geschäft heißt es in dem Bericht, dass hochvermögende Kunden verstärkt einfache und global orientierte Lösungen fordern werden. Diese müssten trotz komplexer und sich global erstreckender Familienstrukturen Flexibilität ermöglichen, für den Fall, dass Familien ihren Wohnsitz in ein anderes Land zu verlegen wollten. Außerdem gelte es, die Bedürfnisse einzelner Familienmitglieder zu berücksichtigen, um den individuellen Stärken und Ambitionen gerecht zu werden. Schließlich habe die Governance der Familie nach wie vor eine zentrale Bedeutung, „insbesondere unter Einbeziehung der nächsten Generationen“.

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