Notiert inMailand

Meloni ist Berlusconis Erbin

Der Tod Silvio Berlusconis dürfte die Machtposition von Regierungschefin Giorgia Meloni weiter stärken. Innenpolitisch ist ihre Position stärker denn je und auch in Europa läuft es gut für sie.

Meloni ist Berlusconis Erbin

notiert in mailand

Meloni ist Berlusconis Erbin

Der Tod von Silvio Berlusconi stärkt die Machtposition von Premierministerin Giorgia Meloni.

Von Gerhard Bläske

Mit dem Tod von Ex-Premier und Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi ändert sich wohl nicht nur die politische Landschaft in Italien. Auch das Machtgefüge dürfte sich zugunsten von dessen Ex-Ministerin und der heutigen Regierungschefin Giorgia Meloni verschieben. Sie könnte die Reste der Forza Italia aufsammeln und damit noch stärker werden.

Dabei segelt sie acht Monate nach ihrem Wahlerfolg vom September 2022 ohnehin auf einer Erfolgswelle. Sollte jetzt gewählt werden, käme sie auf mindestens 30% der Stimmen. Das ist erstaunlich. Denn ihre Bilanz nach acht Monaten an der Regierung ist durchwachsen. Angetreten mit dem Versprechen, die Flüchtlingszahlen zu reduzieren, sind diese sogar explodiert. Und dass Italien auch in diesem Jahr mit einem Zuwachs von vermutlich 1% stärker wächst als andere Länder, ist eher ein Erbe ihres Vorgängers Mario Draghi, diverser großzügiger Hilfen und Boni für die Italiener sowie des europäischen Wiederaufbauprogramms.

Doch Meloni, die mit großer Mehrheit regiert, profitiert innenpolitisch davon, dass es keine Alternativen zu ihr gibt. Die Opposition ist zerstritten und zerlegt sich selbst. Gefährlicher sind für sie die Gegner aus den eigenen Reihen. Nach dem Tod Berlusconis, der immer wieder versucht hat, ihr Steine in den Weg zu werfen, bleibt nur noch Matteo Salvini, Chef der Lega sowie Vizepremier.

Meloni nimmt die Herausforderungen mit großem Selbstbewusstsein und einer Portion Skrupellosigkeit an und hat damit Erfolg. Ihre Anhänger und Sympathisanten halten still, obwohl nicht alles so läuft wie versprochen. Und im Ausland gibt sie sich pragmatisch. Sie verzichtet einstweilen auf allzu radikale Forderungen. Sogar der Haushalt entspricht weitgehend den EU-Vorgaben. Dabei helfen die aufgrund der guten Konjunktur sprudelnden Steuereinnahmen. Die sozial ungerechte Flat Tax steht aber noch immer auf der Agenda – auch wenn ihre Umsetzung mehr als schwierig sein wird. Unterdessen arbeitet Meloni an einer Verfassungsreform, die ihre Machtbefugnisse erheblich ausweiten würde.

Sie schafft bereits entsprechende Rahmenbedingungen. Beim Staatsfernsehen Rai hat sie alle Schlüsselpositionen mit Vertrauten besetzt. Besonders kritisch war die Berichterstattung schon bisher nicht. Die Privatkonkurrenz von Media for Europe (MfE), früher Mediaset, gehört Berlusconi bzw. seinen Erben und die Zeitungen gehören überwiegend ihr wohlgesonnenen Unternehmern. Auch bei den Staatskonzernen hat sie ihr ergebene Adlaten auf die zentralen Positionen gesetzt. Und die Kontrollbefugnisse des Rechnungshofes, der wiederholt Kritik etwa an der Verwendung der Gelder des europäischen Aufbauprogramms geübt hat, sollen erheblich eingeschränkt werden.

Die Schuld für die Verzögerungen bei der Umsetzung des Programms, von der EU verlangte Nachbesserungen und die Unmöglichkeit, die Gelder auch auszugeben, schiebt Meloni auf Vorgänger Draghi. Dabei war sie es, zusammen mit ihren heutigen Koalitionspartnern Lega und Forza Italia, die Draghi im Sommer 2022 zu Fall brachte. Lega und Forza Italia sitzen heute mit Meloni in der Regierung.

Brüssel ist irritiert über die Verzögerungen und darüber, dass Italien sich als einziges EU-Land weigert, die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus zu unterzeichnen. Meloni verlangt als „Preis“, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt weicher formuliert wird. Andernfallls kann sie ihre Pläne für Steuer- und großzügige Rentenreformen nicht umsetzen. Dennoch demonstriert sie Einvernehmen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich auffallend oft mit Meloni trifft, und auch mit Kanzler Olaf Scholz, der Interesse an einem Erfolg des von Meloni und von der Leyen angestrebten Flüchtlingsabkommens mit der autokratischen tunesischen Regierung hat. Meloni wird sogar verziehen, dass sie es mit der Umsetzung der von der EU verlangten Reformen nicht so genau nimmt. An einem Konflikt mit Meloni hat in diesen Zeiten auch Brüssel kein Interesse.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.