Nur kein Neid auf die Bank
HSBC
Nur kein Neid
auf die Bank
Von Andreas Hippin
Großbritannien ist europäischer, als man denkt: Hohe Gewinne wecken unweigerlich Umverteilungswünsche.
HSBC hat ihren Nettogewinn im ersten Halbjahr verdoppelt. Was für eine Schlagzeile! Jede Menge Empörung lässt sich damit generieren, bei britischen Hypothekenschuldnern etwa. Wer sein Eigenheim ohne lange Zinsbindung finanziert hat, muss künftig weitaus höhere Monatsraten stemmen. Auch Kleinsparer, die es für eine gute Idee halten, ihr Geld in Sichteinlagen zu parken, fühlen sich übervorteilt. Dass bei der global tätigen Großbank milliardenschwere Sondereffekte zum Ergebnisanstieg beigetragen haben, spielt für sie ebenso wenig eine Rolle wie der Umstand, dass HSBC den Großteil ihres Geschäfts in Asien macht. Es zählt nur, dass sie die jüngsten Leitzinserhöhungen der Bank of England lediglich in geringfügigem Umfang an Einlagenkunden weitergereicht hat, während sie die Zinsen von Wohnimmobiliendarlehen sehr schnell nach oben nahm.
Dividenden und milliardenschwere Aktienrückkäufe sorgen nicht nur bei Umverteilungspolitikern für Verärgerung. Da kommt schnell der Wunsch auf, auch den Banken eine Übergewinnsteuer aufzuerlegen. Schließlich gehe ihr Ergebniswachstum nicht auf die Fähigkeiten ihrer Manager zurück, sondern auf den rasanten Anstieg der Leitzinsen, argumentieren diejenigen, die möglichst viel von den Gewinnen abschöpfen wollen. Wurden solche Ideen früher milde belächelt oder als Neiddebatte abgekanzelt, finden sich mittlerweile mehr Unterstützer. Großbritannien ist europäischer geworden, sozialdemokratischer. Die Finanzaufsicht erinnerte die Institute jüngst daran, dass sie höheren Verbraucherschutzanforderungen gerecht werden müssen. Zudem wird diskutiert, ob die Bank of England dem Beispiel der EZB folgen und die Mindestreserven von Banken künftig mit 0% verzinsen sollte.
Kein Wunder also, dass man sich in der HSBC-Vorstandsetage nicht so recht über das gute Ergebnis freuen kann. Ärger auf dem Heimatmarkt ist das Letzte, was man braucht, wenn einem schon im Wirtschaftswunderland China, auf das man große Hoffnungen setzt, der Wind ins Gesicht bläst. In der Volksrepublik ist der Weg zurück zu nachhaltigem starken Wachstum offenbar weiter als gedacht. Im Vereinigten Königreich dürfte auf eine kurze Phase des Gewinnwachstums eine Zunahme der Kreditausfälle bei schrumpfendem Einlagenvolumen folgen. Zwar hat das Land eine Rezession bislang vermieden. Doch mit Wachstum ist auch hier so schnell nicht zu rechnen. Gut möglich, dass die Entscheidung für den Sitz in London bei solchen geschäftlichen Aussichten schon bald wieder in Frage gestellt wird.