Paris plant neue Maßnahmen gegen Autoverkehr
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Paris hat SUV-Fahrer im Visier
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Von Gesche Wüpper
Es ist ein Anblick, der in Paris sonst Nachteulen oder Frühaufstehern vorbehalten ist. Obwohl es noch weit vor Mitternacht ist, sind die Gitter an den Eingängen der Métro-Station Château d’Eau an diesem Wochentag bereits heruntergelassen. Denn einige Métro-Linien in Paris stellen an mehreren Abenden pro Woche ihren Dienst nach 22 Uhr wegen Bauarbeiten ein, damit das Netzwerk modernisiert und erweitert werden kann.
Und doch musste Bürgermeisterin Anne Hidalgo gerade warnen, dass der öffentliche Nahverkehr nicht ausreichend vorbereitet sein dürfte, wenn die Olympischen Spiele am 26. Juli beginnen. 16 Millionen Besucher werden für sie und die anschließenden Paralympischen Spiele in Paris erwartet. Ob die sozialistische Politikerin mit ihrer Aussage von einer umstrittenen Reise nach Tahiti ablenken wollte, wie Transportminister Clémént Beaune und Valérie Pécresse, die konservative Präsidentin der Region Île-de-France, argwöhnen, sei dahingestellt.
Fest steht, dass mehrere Projekte nicht komplett fertig sein werden, etwa die geplante Verlängerung der Vorortbahn RER E. Da sich die Lieferung der neuen RER-Züge durch Alstom verzögert hat, wird sie nicht so häufig fahren können wie erhofft. Die Bauarbeiten für die neuen Métro-Linien 15, 16 und 17 wiederum haben sich wegen Covid um Jahre verspätet. Lediglich die Verlängerung der Linie 14 dürfte rechtzeitig zu den Olympischen Spielen fertig werden.
Geschwindigkeitsbegrenzung
Obwohl die beiden Sportgroßereignisse mitten während der französischen Sommerferien stattfinden, könnte es auf der 35 Kilometer langen ringförmigen Stadtautobahn Périphérique zu Staus kommen. Denn eine Fahrspur soll dann Sportlern und ihren Teams vorbehalten sein. Dabei soll es nicht bleiben, denn Hidalgo will, dass diese Fahrspur nach den Olympischen Spielen nur noch von Fahrgemeinschaften und öffentlichen Verkehrsmitteln genutzt werden darf.
Damit nicht genug, denn der Klimaschutzplan für den Zeitraum 2024 bis 2030, den die Stadt Paris gerade vorgestellt hat, sieht eine Begrenzung der Geschwindigkeit auf der Périphérique auf 50 Stundenkilometer vor. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Stadtautobahn ist in den letzten Jahrzehnten bereits reduziert worden, 1993 zunächst von 90 auf 80 km/h, 2014 dann auf 70 km/h.
Wegen des starken Verkehrsaufkommens beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Périphérique jedoch bereits jetzt tagsüber gerade mal 50 km/h, während der Hauptverkehrszeiten sogar nur 30 bis 45 km/h. Nur nachts geht es mit 60 km/h etwas schneller voran.
Abstimmung über SUVs
Hidalgo sorgt mit ihrer Politik zur Einschränkung des Autoverkehrs seit ihrer Wahl 2014 regelmäßig für Schlagzeilen. So auch ihr neuester Plan, die Einwohner der französischen Hauptstadt Anfang Februar über eine signifikante Erhöhung der Parkgebühren für SUVs abstimmen zu lassen. Sie seien unfallträchtig, schwer, sperrig und umweltverschmutzend und daher von vielen Akteuren als Ursache für Probleme im öffentlichen Raum ausgemacht worden, argumentiert die Stadtverwaltung.
Grégory Doucet, grüner Bürgermeister von Lyon, hat deshalb bereits im Mai eine Anhebung der Parkgebühren für SUVs angekündigt. Das geplante Haushaltsgesetz 2024 sieht zudem strengere Regeln für den Malus vor, den Besitzer von besonders schweren Autos zahlen müssen. So soll er künftig für Pkw gelten, die mehr als 1,6 Tonnen wiegen. Bisher lag die Grenze bei 1,8 Tonnen. Da SUVs nicht gesetzlich definiert sind, will die Pariser Stadtverwaltung diese Gewichtsgrenze ebenfalls zur Grundlage für die höheren Parkgebühren machen. Laut Daten, die AAA Data für "Les Echos" zusammengestellt hat, wären das fast 900.000 Fahrzeuge im Großraum Paris.