Polen läuft China den Rang ab
Deutsche Exporte
Polen läuft China den Rang ab
Von Christoph Ruhkamp
Als Abnehmer für die Exporte deutscher Unternehmen ist Polen wichtiger geworden als China. In der ersten Hälfte dieses Jahres gingen Waren – vor allem Autos, Maschinen und Chemikalien – mit einem Gesamtwert von 48,4 Mrd. Euro von Deutschland in das östliche Nachbarland, wie die Daten des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft zeigen. Die Ausfuhren in die Volksrepublik gaben dagegen laut Reuters um 3% auf 48,2 Mrd. Euro nach. Damit rückt Polen auf Platz 4 der wichtigsten Absatzmärkte der deutschen Exportindustrie vor, während China auf den fünften Rang abrutscht.
Kunde Nummer 1 bleibt die weltgrößte Wirtschaft USA, gefolgt von Frankreich und den Niederlanden. Das passt dazu, dass auch beim Gesamtumsatz der Dax-Konzerne der Anteil Asiens seit geraumer Zeit zusehends schrumpft – zugunsten der Anteile von Europa und den USA. Der Anteil Europas am Gesamtumsatz der Dax-Unternehmen kletterte im zweiten Quartal laut EY auf 47%, der Anteil Asiens schrumpfte auf 17%. Das bedeutet aber nicht, dass deutsche Unternehmen weniger in Asien produzieren. Obwohl Bundeskanzler Olaf Scholz die Unternehmen mit Bezug auf China mahnte, „nicht alle Eier in einen Korb“ zu legen, haben die Firmen ihre Investitionen in der Volksrepublik hochgefahren. Mit 7,3 Mrd. Euro sind die deutschen Direktinvestitionen in China 2024 bereits zur Jahresmitte höher gewesen als im gesamten Vorjahr.
Autohersteller wie VW folgen der Maxime, „in China für China“ zu fertigen. Gleichermaßen wird „in Europa für Europa“ gefertigt. Das ist der Grund dafür, dass die Deutschen mehr nach Polen als nach China exportieren, obwohl die Volksrepublik eine viel größere Wirtschaft ist. Es verringert zugleich die Abhängigkeit von China. Der neuen EU-Kommission könnte dies Lust machen, die Erweiterung der EU nach Osten und Südosten mit den neun Beitrittskandidaten zu forcieren – darunter Albanien, Bosnien und die Ukraine. Die Ost-Ausschuss-Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser nennt die Vergrößerung des EU-Binnenmarktes sogar „ein europäisches Konjunkturprogramm, das sich selbst finanziert“.