Polnische Wahlergebnisse sind Hoffnungswerte für die EU
Polen
Hoffnungswerte für die EU
Von Andreas Heitker
Dass sich die EU so entwickeln konnte, wie sie es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten getan hat, hat viel auch mit Polen zu tun. Die Umbrüche in Osteuropa Ende der 1980er Jahre nahmen in der Danziger Lenin-Werft ihren Anfang. Ein Besuch im heutigen Solidarność-Museum der Stadt sollte eigentlich Pflichtprogramm für jeden Europäer sein. Polen ist der wohl wichtigste osteuropäische Mitgliedstaat der EU und mittlerweile ihre sechstgrößte Volkswirtschaft. Das Land hat Einfluss auf die anderen Visegrád-Staaten. Und die politische Bedeutung Warschaus in ganz Europa ist seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine noch einmal deutlich gestiegen. Die Ergebnisse der polnischen Parlamentswahlen vom Wochenende haben damit auch enorme Strahlkraft auf die Märkte und die weitere Zusammenarbeit in der Europäischen Union.
Natürlich: Die rechtsnationale Regierungspartei PiS („Recht und Gerechtigkeit“) unter Jarosław Kaczyński hat erneut die meisten Stimmen gesammelt. Und ja: Das Oppositionsbündnis aus den drei Parteien, das die PiS nach acht Jahren trotzdem ablösen könnte, ist noch längst nicht in trockenen Tüchern. Aber das vorläufige Wahlergebnis macht Hoffnung. Unter einem möglichen neuen Regierungschef Donald Tusk, der die zweitplatzierte, liberalkonservative Bürgerplattform (KO) angeführt hat, dürfte der zähe Streit mit Brüssel über das Thema Rechtsstaatlichkeit und die unselige Justizreform recht schnell beizulegen sein.
Signal an Viktor Orbán
Der frühere EU-Ratspräsident würde damit wohl nicht nur eine Freigabe der derzeit geblockten EU-Milliarden erhalten, was ihm auch wirtschaftliche Reformen erleichtern würde. Tusk würde damit auch ein deutliches Signal in Richtung Budapest senden, wo Ministerpräsident Viktor Orbán bislang nur unter dem Schutz von Polen seine erpresserischen Spielchen mit Brüssel treiben konnte und vor einem Rechtsstaatlichkeitsverfahren geschützt war.
Aber auch Deutschland würde von einem Regierungswechsel in Warschau profitieren. Für die deutsche Wirtschaft hat der Nachbar im Osten in der zurückliegenden Dekade ständig an Bedeutung zugenommen. Mittlerweile ist Polen schon der fünftgrößte deutsche Handelspartner weltweit. Tendenz: steigend. Die deutschen Direktinvestitionen summieren sich auf über 41 Mrd. Euro. Auf der anderen Seite hat die PiS in ihrer Außenpolitik immer wieder auf antideutsche Ressentiments gesetzt und damit die bilateralen Beziehungen unnötig belastet. Von einer liberalen Wende würden alle profitieren.