Prüfkonzerne zur Hochzeit prädestiniert
M&A
Zur Hochzeit prädestiniert
Von Daniel Zulauf
Firmenhochzeiten gibt es am häufigsten in reifen Branchen und trägen Märkten. Die Genfer SGS und das Pariser Bureau Veritas sind prädestiniert dafür. Die Geschäftsmodelle der beiden Konzerne haben sich im Lauf von 150 Jahren gemeinsamer Geschichte stark angenähert. Und der lahmende Welthandel verschärft die Konkurrenz. Ein Zusammenschluss erscheint logisch.
Das ursprüngliche Geschäft des BV bestand darin, im Hafen von Antwerpen Handelsschiffe im Auftrag von Versicherungen zu inspizieren, damit diese die Risiken der Reise und die Höhe der Prämien richtig einschätzen konnten. SGS, im Hafen von Rouen in Frankreich entstanden, war ursprünglich ganz auf neutrale Kontrollen von Mengen und Qualität französischer Weizenexporte spezialisiert, um Käufern und Verkäufern sichere Distanzgeschäfte zu ermöglichen. Inzwischen ist das Leistungsspektrum beider Firmen auf viele andere Bereiche gewachsen, aber es sind Dienstleistungen geblieben. Deren Wertschöpfung ist gering, der Kapitalbedarf niedrig, die Rentabilität hoch. SGS und BV sind Milchkühe für Dividendenjäger. Aufseiten von SGS sah und sieht man die Münchner Milliardärsfamilie von Finck, den Turiner Agnelli-Clan oder die legendären Selfmade-Unternehmer Albert Frère und Paul Desmarais, deren Beteiligungsvehikel GBL mit knapp 19% gerade die größte SGS-Aktionärin ist. Aufseiten von BV dominiert schon lange die Groupe Wendel, eine Gesellschaft einstiger französischer Stahlbarone, mit einem Anteil von aktuell 26%.
Die Chancen, dass ein Deal zustande kommt, sind besser als vor 25 Jahren, als das gleiche Geschäft schon einmal geprüft wurde. BV hat in puncto Börsenbewertung mächtig aufgeholt. Mit einer Kapitalisierung von 14 Mrd. Euro kämen die Franzosen auf über 40% am fusionierten Konzern. Früher war das Verhältnis etwa 30% zu 70%. Zudem sind die starken Egos weg, die sich einst gegen eine Fusion gestellt hatten. Bei SGS steht mit Géraldine Picault die ehemalige Holcim-Finanzchefin an der Spitze. GBL kennt ihre Qualitäten als Kostenmanagerin aus Holcim-Zeiten.