Randsportarten im Einschaltquotenrausch
Das Wochenende in der Hauptstadt steht ganz im Zeichen von 14 Sportarten, die ihre Meisterschaften im Rahmen der diesjährigen „Finals“ in Berlin austragen. Basketball im mittlerweile olympischen Format drei gegen drei, Bogensport, Geräteturnen, Kanu-Rennsport, Kanu-Polo, Leichtathletik, moderner Fünfkampf, Radsport, rhythmische Sportgymnastik, Schwimmen und Triathlon sind wie schon im vergangenen Jahr bei der Großveranstaltung mit von der Partie, bei der mehr als ein Dutzend Sportverbände und das öffentlich-rechtliche Fernsehen gemeinsame Sache machen, um die Randsportarten für ein Wochenende aus dem Schatten des Fußballs zu bringen. Zum ersten Mal versuchen davon auch Fechten, Rudern und Trampolinturner zu profitieren.
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Das Besondere bei den Finals, die nach der Premiere 2019, dem coronabedingten Ausfall 2020 und der gemeinsamen Austragung von Berlin und der Rhein-Ruhr-Region bereits zum dritten Mal in der Hauptstadt stattfinden: Die Wettkämpfe finden nicht nur in designierten Sportstätten wie dem Olympiastadion oder der Max-Schmeling-Halle statt. Das Kugelstoßen am Freitag vor dem Brandenburger Tor lieferte bereits tolle Fernsehbilder. Das Diskuswerfen findet am Samstag dennoch im Stadion statt, weil die angepeilten Spitzenleistungen der Athleten die „Quadriga“, das berühmte Viergespann aus Kupferblech, ernsthaft gefährden würden. Am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus wird am Wochenende bis in die späten Abendstunden Basketball gespielt. Auf der Spree zwischen Oberbaumbrücke und East Side Gallery sind Kanuten und Ruderer am Start.
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Es geht für die Sportler um Medaillen, aber auch um Einschaltquoten. Von den neun Sportstätten, in denen 190 Deutsche Meistertitel vergeben werden, senden ARD und ZDF über vier Tage 25 Stunden live. Am Donnerstag, dem ersten Wettkampftag, lag der Marktanteil während der knapp dreistündigen Berichterstattung zwischen 5 und 6%, wobei Schwimmen mit 490000 Zuschauern den Spitzenwert schaffte. Für das Wochenende erhoffen sich die Teilnehmer an der „Mini-Olympiade“ deutlich mehr. Bei den ersten beiden Austragungen der Mehrfachmeisterschaften lag die Zahl der Fernsehzuschauer oberhalb von einer Million. Zum Vergleich: Die ARD-Sportschau zog mit ihrer Berichterstattung über die Fußball-Bundesliga zuletzt im Schnitt knapp vier Millionen Zuschauer in ihren Bann und das Sportstudio im ZDF schaffte durchschnittlich zwei Millionen. Beide Formate verzeichneten allerdings einen erheblichen Zuschauerschwund, der die Probleme des linearen Fernsehens widerspiegelt. Streamingdienste wie S-Nation Media, eine Gründung von Axel Springer mit Ex-DFL-Chef Christian Seifert, machen auch Jagd auf Übertragungsrechte von Sportarten aus der zweiten Reihe. Vielleicht kann sich der eine oder andere Verband bei den Finals an diesem Wochenende empfehlen.