Reform der Schuldenbremse löst keine Standortprobleme
Schuldenbremse
Reform löst keine Standortprobleme
Von Angela Wefers
Das Wohl und Wehe des Wirtschaftsstandorts hängt nicht an der Schuldenbremse.
Die Schwäche der deutschen Konjunktur wird bald wieder die Debatte über eine Reform der Schuldenbremse befeuern. Die Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute sagt für 2024 Stagnation voraus und für 2025 nur ein leichtes Wachstum. Spätestens wenn Mitte Mai die Steuerschätzung kommt, wird das Heulen und Zähneklappern in Berlin groß sein. Schon jetzt klafft in der Etatplanung für 2025 ein zweistelliges Milliardenloch. Von der Steuerschätzung ist keine Hilfe zu erwarten. Die Rufe nach mehr Verschuldungsspielraum, namentlich von Grünen und SPD für mehr staatliche Investitionen, dürften lauter werden. Alle Erfahrung lehrt, dass dies stattdessen in mehr sozialen Wohltaten endet, besonders in einem Wahljahr. Die Schuldenbremse schafft nicht per se einen Konnex zu Investitionen.
Das Argument haben die Wirtschaftsforscher den Befürwortern einer umfassenden Reform der Schuldenbremse jetzt definitiv aus der Hand geschlagen: Es gibt auch beim Blick auf andere Länder keinen empirischen Nachweis, dass strenge Fiskalregeln Investitionen bremsen. Eigentlich gibt es überhaupt keinen Zusammenhang, konstatieren die Forscher. Sie empfehlen allenfalls kleine Änderungen, um die Finanzpolitik besser vorhersehbar zu machen. Planungssicherheit stabilisiert die Wirtschaft.
Wohl und Wehe des Wirtschaftsstandorts Deutschland hängt gerade nicht an der Schuldenbremse. Die Wirtschaft hält sich mit Investitionen zurück, weil sie nicht weiß, wohin die Regierung steuert. Probleme werden in Berlin nicht gelöst, sondern mit falschen Versprechen übertüncht: Auch das neue Rentenpaket macht die Rente nicht sicher. Viele wissen es, die anderen ahnen es. Wirtschaftspolitik ist zum Subventionsverteilmechanismus verkommen. Statt im vermeintlichen Wettlauf gegen Steuerdumping Reformen zu verweigern, könnte die Regierung international für einen Stopp des Subventionswettlaufs arbeiten und in Deutschland für eine wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung sorgen.
Die Forscher schlagen vor, die Gewerbesteuer durch einen Hebesatz auf die Einkommensteuer abzulösen. Die Einnahmen der investitionsintensiven Kommunen würden konjunkturresistenter. Das ist ein zehn Jahre alter Hut – aber er ist noch sehr gut in Form, da er nie getragen wurde. Städte und Gemeinden hatten die Reform damals verhindert in der Sorge, einige von ihnen könnten dabei verlieren. Während der Corona-Pandemie hingen die Kommunen voll am Finanztropf von Bund und Ländern. Womöglich hat diese Erfahrung manche Bürgermeister und Landräte reformbereiter gemacht. Es wäre ihnen zu wünschen.