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Schluckauf am US-Biermarkt

Die mexikanische Marke Modelo hat Bud Light im laufenden Jahr von der Spitze des US-Biermarkts verdrängt. Auslöser war eine missglückte Werbeaktion von Anheuser-Busch Inbev, die Biertrinker in den falschen Hals bekamen.

Schluckauf am US-Biermarkt

Im Blickfeld

Schluckauf am US-Biermarkt

Die mexikanische Marke Modelo hat Bud Light im laufenden Jahr von der Spitze des US-Biermarkts verdrängt. Auslöser war eine missglückte Werbeaktion von Anheuser-Busch Inbev, die Biertrinker in den falschen Hals bekamen. Die Verschiebung kommt auch anderen Brauereien zugute.

Von Alex Wehnert, New York

Im US-Biergeschäft kommt es zu strukturellen Verschiebungen. Denn der global führende Brauereikonzern Anheuser-Busch Inbev, mit seiner Marke Bud Light über Jahre hinweg Platzhirsch, hat in großem Stil Anteile eingebüßt – und wendet sich nun verstärkt Märkten außerhalb der Vereinigten Staaten zu. Das juristisch in Brüssel und operativ in Löwen sowie New York City ansässige Unternehmen ringt noch immer mit den Folgen einer Kontroverse um eine Promotionstaktik mit der Transgender-Influencerin Dylan Mulvaney.

Ein Instagram-Post der Social-Media-Persönlichkeit mit personalisierten Bud-Light-Dosen, die ihr AB Inbev als Geschenk hatte zukommen lassen, sorgte im April für einen Aufschrei unter konservativen Biertrinkern. Dieser gipfelte in einem wochenlangen Boykott und führte dazu, dass die Marke im Mai ihren Status als meistverkauftes Bier der Vereinigten Staaten einbüßte. Der Anteil von Bud Light am Absatz im US-Einzelhandel rutschte von 10,3% im Januar auf 7,6% ab.

Abstand weitet sich aus

Überflügelt wurde das Leichtbier dabei erstmals von der mexikanischen Marke Modelo Especial, die auf 8,6% der Verkäufe kam. Seither hat sich der Abstand zwischen beiden Fabrikaten noch ausgeweitet. Im September erreichte Modelo einen Absatzanteil von 9,3%, während jener von Bud Light auf 7% absackte. Auch beim aggregierten Wert ist das mexikanische Bier damit 2023 am einstigen Spitzenreiter vorbeigezogen.

Die neue Nummer 1 im US-Biergeschäft gehört in internationalen Märkten zwar ebenfalls zum Portfolio von Anheuser-Busch Inbev, innerhalb der Vereinigten Staaten hält seit 2013 aus kartellrechtlichen Gründen aber das Alkoholkonglomerat Constellation Brands die Lizenzen. Dessen an der New York Stock Exchange notierte Aktie lag zwischen Jahresbeginn und Mitte September mit nahezu 9% im Plus und hält sich trotz Gewinnmitnahmen klar im positiven Bereich. Anheuser-Busch Inbev sind an der Euronext Brüssel indes um nahezu 12% abgesackt.

Anleger begeistert

"Seit der Übernahme des US-Geschäfts von Modelo hat Constellation Brands die Erträge kontinuierlich verbessert und die Präsenz im profitablen Biermarkt noch ausgebaut", betonen die Analysten des Research-Dienstes Valens. Im Ende August abgeschlossenen zweiten Quartal des Fiskaljahres legten die Bierverkäufe von Constellation Brands um weitere 12% zu. Gebremst wurde die Begeisterung der Anleger zwar etwas durch eine schwächere Entwicklung im Weingeschäft, die Euphorie im Biermarkt hält aber an. Auch CEO Bill Newlands bezeichnete das Potenzial bei Modelo als "furchtbar aufregend". Es gebe noch immer Gegenden in den USA, in denen die Marke weniger bekannt sei und deshalb stark wachsen könne.

Constellation Brands hat den Gewinnausblick für das gesamte Geschäftsjahr 2024 deshalb aus der Spanne von 9,35 bis 9,65 Dollar auf 9,60 bis 9,80 Dollar pro Aktie angehoben. Vorstandschef Newlands prognostiziert nun, dass Modelo bei der Neusortierung der Einzelhandelssortimente im Herbst und Frühjahr zusätzlichen Platz in den Regalen erhalten wird. Denn Retail-Ketten wie Walmart richten ihre Bestellungen und Platzzuweisungen nach der jüngsten Verkaufsperformance.

Im Schatten von Modelo haben indes auch andere US-Braukonzerne ihren Absatz angekurbelt. Die in Chicago ansässige Molson Coors teilte im August mit, die kombinierten Dollar-Verkäufe ihrer Labels Coors Light und Miller Lite hätten jene von Bud Light im zweiten Quartal 2023 um 50% übertroffen. Brauerei-CEO Gavin Hattersley zeigte sich zuletzt optimistisch, dass die Molson-Coors-Biere ihre Marktanteilsgewinne halten können. Inzwischen sei von einer "dauerhaften Verschiebung" im Markt zu sprechen.

Strukturelle Verschiebung

Molson Coors zählen mit einem Zugewinn von 14,9% im laufenden Jahr zu den großen Gewinnern unter den Brauereiaktien. CEO Hattersley verspricht sich nun einerseits einen bedeutenden Flächenzuwachs im Einzelhandel sowie eine erhöhte Präsenz seiner Biere an Zapfanlagen in Kneipen. Andererseits stellt sich sein Konzern aber auf eine weitere strukturelle Verschiebung im US-Markt ein.

Aufgrund des Gesundheits- und Fitnesstrends unter jungen Kunden investiert Molson Coors nun verstärkt in alkoholfreie Produkte. Dabei stehen sowohl Energy Drinks als auch Biere im Fokus. Eine alkoholfreie Variante des belgischen Weizenbiers Blue Moon soll rechtzeitig zum neuen Jahr auf den Markt kommen, das viele Konsumenten mit einem "trockenen Januar" einläuten.

Unterdessen ringt Anheuser-Busch Inbev darum, nach dem Boykott aus dem Frühjahr Ansehen zurückzugewinnen. So verdreifachte der Konzern sein Marketing-Budget über den Sommer. Allein zwischen Anfang Juni und Ende Juli liefen laut der Analysefirma Ispottv im Fernsehen landesweit 3.400 Werbeclips für Bud Light, ein Vielfaches des Vorjahreswerts. Zum Start der American-Football-Saison startete AB Inbev dann eine groß angelegte Kampagne mit Videos von angeblich echten Fans, die vor Spielen mit Bud Light feiern.

Duell im Marketing

Im US-Profisport liefern sich Anheuser-Busch und Molson Coors traditionell mit Sponsorenvereinbarung und Marketing ein Duell um die Aufmerksamkeit der Fans. Die jüngste Bud-Light-Kampagne stellt laut Branchenkennern unterdessen einen besonders bemühten Versuch dar, der Marke wieder ein bodenständigeres Image zu verpassen.

Bodenständigkeit und Authentizität stehen auch bei Modelo im Mittelpunkt des Marketings. Constellation Brands vermarktet das Bier zunächst an die wachsende hispanische Bevölkerung in den USA – Werbung, die dort nicht ankommt, wird auch nicht an das englischsprachige Publikum gesendet. Allerdings wirbt das Konglomerat seit einigen Jahren auch mit erhöhter Intensität um Kunden im Mittleren Westen und entlang der Ostküste.

Chancen in Schwellenländern

AB Inbev stellte bei Präsentationen vor Investoren zuletzt dagegen die Wachstumschancen in Entwicklungs- und Schwellenländern in den Mittelpunkt. In diesen lasse sich nicht nur eine große und zunehmend wohlhabendere Kundengruppe erschließen, dort böten sich auch höhere Margen als in Industrienationen. Allein in Mexiko ist der Biermarkt zwischen 2017 und 2022 durchschnittlich um 5% pro Jahr gewachsen, die Erlössteigerungsraten von AB Inbev fallen nach Konzernangaben noch höher aus. Doch trotz des internationalen Fokus droht die Schwäche im US-Biermarkt die Bud-Light-Brauerei laut Analysten noch weiter hart zu treffen.

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