Schluss mit dem Gezeter über höhere Kapitalquoten
US-Banken
Schluss mit dem Kapitalquoten-Gezeter
Mit Streit über härtere Kapitalvorgaben nach dem Fed-Stresstest verlieren US-Großbanken unnötig Zeit.
Von Alex Wehnert
Amerikas Großbanken müssen sich endlich mit den härteren Kapitalvorgaben abfinden, die auf sie zurollen. CEOs wie David Solomon, Vorstandschef von Goldman Sachs, mögen mit ihrer Kritik an der Ankündigung der Federal Reserve, in der Folge des jüngsten Stresstests schon ab Oktober deutlich höhere Eigenmittelquoten von führenden Geldhäusern zu verlangen, durchaus recht haben. Kaufen können sie sich davon aber nichts. Denn Einsprüche gegen die Resultate des jüngsten Stresstests haben nur äußerst geringe Aussichten auf Erfolg: Seit die Fed Banken 2020 erlaubte, die Ergebnisse der Belastungsprobe anzufechten, haben sich acht Institute daran versucht. Bisher hat die Fed alle Beschwerden abgeschmettert.
Deutlich geringere Rückstellungen
Gerade Goldman Sachs verliert mit dem Prozess nur Zeit und hinterlässt bei Anlegern den Eindruck eines Geldhauses, das mit seinem wichtigsten Regulator im Clinch liegt – dabei hat sich der Investmentriese gerade erst von schweren Lasten befreit. Denn während die Konkurrenz angesichts der hohen Zinsniveaus mit Problemen im Privatkundengeschäft ringt, hat Goldman Sachs nach ihrem verlustreichen Ausflug ins Consumer Banking seit Herbst 2022 konsequent den Rückzug angetreten. Auch von Kreditkartenpartnerschaften mit Apple und General Motors verabschiedet sich das Institut. Im zweiten Quartal stellte es mit 282 Mill. Dollar bereits deutlich geringere Mittel für die Risikovorsorge zurück als im Auftaktviertel 2024 oder im Vorjahreszeitraum, wobei Abschreibungen im Kartenportfolio noch der größte Treiber sind.
In einem Umfeld, in dem beim Universalbanken-Primus J.P. Morgan die Nettozinsmarge abbröckelt, rückläufige Zinserträge bei Bank of America für einen Gewinnrückgang sorgen und allerorten die Zahlungsausfälle in die Höhe schnellen, haben sich die Aussichten für Goldman Sachs aufgehellt. Dies ist auch der Punkt, an dem CEO Solomon mit seiner Kritik an der Fed ansetzt: Die Resultate des jüngsten Stresstests, gemäß denen der Bank im Fall einer schweren Rezession Kredit- und Tradingverluste im Volumen von über 40 Mrd. Dollar drohen, reflektierten „die strategische Weiterentwicklung unseres Geschäfts nicht“. Dabei kann Solomon auch auf die stabilen Erträge aus der stark ausgebauten Vermögensverwaltung pochen.
Positive Kommunikation benötigt
Doch statt sich als Meister der Meckereien zu positionieren, sollte der einstige Hobby-DJ Solomon sich lieber darauf konzentrieren, positive Stimmung zu verbreiten. Seine Botschaft von der langfristigen Trendwende bei Goldman Sachs kann er auch an den Markt kommunizieren, ohne sich dafür einen öffentlichkeitswirksamen Streit mit der Fed zu liefern – an dessen Ende er die Maßgaben des Regulators wohl ohnehin akzeptieren müssen und somit als Verlierer dastehen wird.
Natürlich stellt es für Großbanken eine Herausforderung dar, schon ab Oktober deutlich härtere Vorschriften bezüglich ihrer Eigenmittel erfüllen zu müssen. Allerdings steht Goldman Sachs, auf die ein Aufschlag von 90 Basispunkten auf die Mindestquote für das harte Kernkapital (CET1) zurollt, mit diesem Problem nicht allein da. Auch alle anderen Institute der Spitzengruppe außer die gebeutelte Citigroup müssen deutliche Mehranforderungen erfüllen. In der Tat ist das schmerzhaft, weil den Banken somit weniger Mittel zur Verfügung stehen, um die Aktionäre mit Dividenden und Buyback-Programmen bei Laune zu halten. Für Goldman Sachs kann dies im Vergleich mit der Konkurrenz aber sogar positive Effekte haben, hat das Wall-Street-Haus doch als einziges führendes Institut zuletzt fundamental überzeugt.
Basell III bringt neue Herausforderungen
Ohnehin dürfte die Diskussion um die härteren CET1-Mindestquoten ab Oktober schon in einem Jahr weitgehend obsolet sein. Dann beginnen die USA mit der stufenweisen Umsetzung des globalen Bankenpakets Basel III, die ohnehin deutlich strengere Kapitalvorgaben mit sich bringen wird. Das weiß wohl niemand besser als Solomon, der sich wiederholt mit durchaus berechtigter Kritik an den Plänen der Fed zu Wort gemeldet hat. Doch auch hier hilft alles Gezeter nichts mehr – es gilt nun, die Bilanz mit einem Abbau Credit-sensitiver Assets so weit wie möglich auf ein neues regulatorisches Umfeld vorzubereiten.