LeitartikelOffene Immobilienfonds in der Krise

Schluss mit dem täglichen Handel

Offene Immobilienfonds sind in der Krise, die Preise fallen, Anleger fliehen. Doch Investoren sollten nicht blind verkaufen. Und der Gesetzgeber sollte reagieren.

Schluss mit dem täglichen Handel

Immobilienfonds

Schluss mit dem täglichen Handel

In solchen Phasen raten Angstmacher, ohne Ansehen der Qualität alle offenen Immobilienfonds zu verkaufen.

Von Wolf Brandes

Zwei Jahre nach der ersten Zinserhöhung durch die EZB zeigt sich die Lage am Immobilienmarkt desaströs. Gescheiterte Projektentwicklungen, steigende Leerstände und Innenstädte, die dem Verfall preisgegeben scheinen. Ob Büroimmobilien, Wohnungen oder Logistik – alle Spielarten haben mit den deutlich gestiegenen Zinsen zu kämpfen. Das trifft immer häufiger auch die offenen Immobilienfonds. Ein Investment in Wohnimmobilien klingt an sich sehr solide und kalkulierbar. Doch vor einigen Tagen erwischte es den offenen Immobilienfonds UniImmo Wohnen ZBI, der an einem Tag seinen Preis um 17% herabsetzen musste. Auf einen Schlag waren 860 Mill. Euro vernichtet.

Zu Notverkäufen gezwungen

Die Mitteilung von Union Investment klang eher verhalten, man habe einen herausfordernden Markt und müsste Verkaufswünsche bedienen. Deshalb müssten auch Immobilien unter Wert losgeschlagen werden, denn die Bieter wollten nun mal nicht die per Ertragswertverfahren eigentlich korrekt ermittelten Bewertungen bezahlen. Klar, wenn man zu Notverkäufen gezwungen ist, um die flüchtenden Anleger auszuzahlen, dann bekommt man keinen guten Preis. Das ist im privaten Umfeld auch nicht anders, wenn eine Immobilie in die Zwangsversteigerung geht.

Massive Verkäufe

Der Unmut der Anlieger traf nicht nur den Fonds von Union Investment. Die Renditen von offenen Immobilienfonds können mittlerweile nicht mehr mithalten mit dem, was auf Tagesgeldkonten bezahlt wird. Beispielsweise rutschte der von KanAm Grund betreute Leading Cities Invest Ende vergangenen Jahres um 11% ab.

Die Anleger verkaufen, was das Zeug hält; in den vergangenen zehn Monaten sind bereits mehr als 2,5 Mrd. Euro aus dem Fonds abgeflossen. Bei einem Volumen von gut 130 Mrd. Euro ist das allerdings doch nur ein kleiner Anteil. Und man muss wissen: Viele Anlieger können gar nicht einfach verkaufen. Es sind nur Altanleger, für die noch keine Kündigungs- und Haltefristen gelten. Das sind aber immerhin grob geschätzt die Hälfte aller Kunden von offenen Immobilienfonds. Kein Wunder, dass die Fonds besorgt sind und sich durch Verkäufe Liquidität verschaffen wollen.

Angstmacher unterwegs

Solche Phasen sind auch das Geschäft von Angstmachern und Tippgebern, die dazu raten, ohne Ansehen alle offenen Immobilienfonds zu verkaufen. Und wenn eine Kündigungsfrist gilt, dann eben direkt über die Börse. Dort kommen die Kunden in der Tat täglich an ihr Geld. Doch undifferenzierte Empfehlungen werden der Sache nicht gerecht. Anleger, die an der Börse verkaufen, müssen Abschläge von 8 bis 10% hinnehmen. Doch wenn man sich die großen Flaggschiffe der Branche anschaut, wie DekaImmobilien Europa, HausInvest und UniImmo Deutschland, ist überhaupt nicht erkennbar, dass die so schnell so stark abwerten müssten. Sicher, man weiß nie, aber normalerweise schützen die eingespielten Vertriebswege dieser Bankengruppen vor einem Run-off. Jetzt einfach so auf Verdacht 10% Verlust beim Verkauf über die Börse realisieren – ein seriöser Anlageberater würde sich allein aus Haftungsgründen nicht trauen, eine solche Empfehlung zu geben.

Grund zur Entspannung besteht aber angesichts der aktuellen Immobilienfondskrise nicht. Die Krise nach 2008 mit Dutzenden Fondsschließungen und zahlreichen Abwicklungen ist noch nicht lange her. Damals rutschten einzelne Fonds sogar um 20% innerhalb eines Tages ab.

Gesetzgeber muss ran

Die erneute Diskussion zeigt aber auch, dass das Produkt einen grundlegenden Mangel hat. Immer noch werden täglich Preise ermittelt. Immer noch kann man im Prinzip täglich verkaufen. Solche Handelsusancen mögen für Wertpapierfonds sinnvoll sein, bei Immobilienfonds suggerieren sie ein falsches Bild. Immobilien sind schwieriger zu bewerten, und Transaktionen sind aufwendiger. Deshalb sollte der Gesetzgeber nochmals ran. Es reicht nicht, Fristen einzuführen. Es muss etwas Grundlegendes geändert werden, damit das Produkt auch in Zukunft Bestand hat. Die täglichen Bewertungen müssen weg. Es muss klar sein, dass es sich hier um ein illiquides Asset handelt, das man eben nicht einfach mal so verkaufen kann.

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