LEITARTIKEL

Simple Sache

Die Aktie des Softwarekonzerns SAP ist zum Jahresbeginn in Turbulenzen geraten. Eine Handvoll zurückhaltender Analystenkommentare brachte den Dax-Konzern in den vergangenen Tagen zeitweise gehörig unter Druck, obwohl die jüngsten Zahlen von...

Simple Sache

Die Aktie des Softwarekonzerns SAP ist zum Jahresbeginn in Turbulenzen geraten. Eine Handvoll zurückhaltender Analystenkommentare brachte den Dax-Konzern in den vergangenen Tagen zeitweise gehörig unter Druck, obwohl die jüngsten Zahlen von Konkurrenten wie Oracle oder Infosys eigentlich für eine positive Grundstimmung sorgen müssten. Auch diverse Umfragen zu den Plänen von IT-Verantwortlichen in Unternehmen fielen für SAP zuletzt durchaus erfreulich aus. Die Investitionsbudgets für Software steigen, weil die Kunden bei der Digitalisierung ganzer Wertschöpfungsketten nicht ins Hintertreffen geraten wollen. Die Nachfrage der Firmen legt nicht nur in der sogenannten Cloud zu, die für SAP eine zunehmend wichtige, aber wenig profitable Rolle spielt, sondern auch im Lizenzgeschäft mit Programmpaketen, die für die Walldorfer in Verkauf und Wartung besonders lohnend sind.An der Börse greift mit Blick auf SAP dennoch spürbar Nervosität um sich. In Erwartung der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr, die CEO Bill McDermott und Finanzvorstand Luka Mucic am 20. Januar in Walldorf vorstellen werden, wollen sich die Investoren auf der richtigen Seite positionieren. Es wäre kaum überraschend, würde das Management die Unruhe im Markt zum Anlass nehmen, vorläufige Zahlen schon in den nächsten Tagen zu veröffentlichen. Das ist bei SAP geübte Praxis. Auch in den vergangenen beiden Jahren wurden die Eckdaten zum Schlussquartal jeweils vor dem Termin der Bilanzpressekonferenz bekannt gegeben. Es waren die einzigen Quartale, über die SAP in dieser Zeit vorab berichtete.Die Fragen, die Investoren derzeit besonders umtreiben, wären damit freilich noch nicht beantwortet. Denn die Marktakteure warten vor allem auf neue Koordinaten für die Entwicklung in der mittleren und langen Frist. McDermott, der seit dem Rückzug von Co-CEO Jim Hagemann Snabe in den Aufsichtsrat im Mai 2014 allein an der Spitze des europäischen Branchenprimus steht, hat bereits Ende November angekündigt, zum Start in das neue Jahr eine detaillierte Planung bis 2020 vorzulegen. SAP werde für die nächsten sechs Jahre konkrete Ziele sowohl für das Geschäft mit Mietsoftware aus der Cloud als auch für das Lizenzgeschäft nennen, sagte der US-Manager bei einer Investorenveranstaltung in Barcelona und kündigte außerdem Vorgaben für die operative Ergebnisentwicklung über den gleichen Zeitraum an. Diese Planzahlen werden allerdings sicher nicht zusammen mit vorläufigen Zahlen veröffentlicht und wohl auch nicht am Tag der Bilanzpressekonferenz präsentiert. Erst Anfang Februar, bei einem Investorentag in New York, sollen die Ziele vorgestellt werden. Bis dahin dürfte die Aktie für Ausschläge ohne fundamentale Begründung anfällig bleiben.Was danach kommt, wird nicht nur von dem vorgestellten Zielekanon abhängen, der, nimmt man McDermott beim Wort, mehr als ein Dutzend Kennzahlen umfassen könnte. Analysten gehen sogar davon aus, dass SAP gleich mehrere Szenarien vorstellen wird. Da käme schnell ein Excel Sheet zusammen, das wohl nur bei denen Anklang finden würde, die schon bisher Spaß an Kennzahlen wie Software und softwarebezogene Erlösen, Cloud-Subskriptionen und Support, abgegrenzten Erlösen ebenda und an den daraus errechneten Cloud Billings hatten. Mit dem Slogan “Run simple”, den McDermott dem Konzern verpasst hat, würde man in der Investor-Relations-Abteilung unter diesem Regime bis 2020 wohl nur noch ein gequältes Lächeln ernten.Ganz abgesehen davon, dass McDermott und Mucic am Ende wohl keine so detaillierten Ziele vorlegen werden, weil das vor allem die Wahrscheinlichkeit künftiger Korrekturen erhöht: Um das Vertrauen der Investoren zu stärken, braucht SAP eine einfache Equity Story. Eine wie die von 2010, als die frisch gekürte Doppelspitze McDermott und Snabe ankündigte, bis 2015 neue Zielmärkte mit einem Volumen von mehreren 100 Mrd. Dollar zu adressieren, die Umsatzmarke von 20 Mrd. Euro zu knacken und mit ihrer Software eine Milliarde Menschen zu erreichen. Genau das wird SAP in diesem Jahr wohl schaffen, dabei aber das angepeilte Profitabilitätsziel verfehlen, weil die Cloud eine viel größere Rolle spielt als vor fünf Jahren angenommen. Warum es sich für Investoren lohnt, auf die damals versprochene operative Marge von 35 % noch einmal bis 2020 zu warten, wie von Analysten erwartet wird, und warum der Fahrplan dieses Mal hält, das müssen McDermott und Mucic den Investoren deutlich machen. Eine simple Sache, auch wenn das nicht einfach wird.——–Von Stefan ParaviciniInvestoren von SAP suchen nach Anhaltspunkten für die weitere Entwicklung. Der Unternehmensslogan “Run simple” muss sich in der Equity Story bewähren.——-