(Soft-)Ware von der Resterampe
Private Equity
(Soft-)Ware von der Resterampe
Von Sebastian Schmid
Private Equity steht auf Software. Die jüngsten Ziele sind indes fragwürdig. Auch weil Strategen von ihnen lieber die Finger lassen.
Was unterscheidet Software AG, Software One und Qualtrics? Alle drei Unternehmen sind in vollkommen unterschiedlichen Geschäftsfeldern unterwegs. Die Software AG stellt mit Mainframe- und Middleware-Software das Rückgrat der IT-Infrastruktur vieler Unternehmen. Am anderen Ende des Spektrums ist die Ex-SAP-Tochter Qualtrics zu finden, deren Erfahrungsmanagement-Software helfen soll, die Bedürfnisse der Kunden granular besser zu verstehen und danach zu handeln. Der Softwarelizenzhändler Software One verspricht seinen Kunden derweil, Ordnung in das Sammelsurium an Verträgen zu bringen, das sich in modernen, digitalisierten Unternehmen auftürmt.
Was aber haben die drei Unternehmen gemeinsam? Zunächst, dass sie alle ins Visier von Finanzinvestoren geraten sind. Software AG und Qualtrics wurden von Silver Lake übernommen. Software One wehrt sich noch gegen die nachgebesserte Offerte von Bain Capital, die jedoch von den drei Firmengründern, die 29% halten, unterstützt wird. Gemeinsam haben die drei Unternehmen auch, dass sie die Wachstumshoffnungen ihrer Aktionäre nicht erfüllt haben und dafür am Markt mehr oder weniger stark abgestraft wurden. Besonders krass ist das im Fall von Qualtrics. Die Aktie der von SAP erst übernommenen und dann an die Börse gebrachten US-Gesellschaft war von 55 Dollar kurz nach dem IPO Anfang 2021 bis auf gut 10 Dollar Anfang 2023 abgestürzt, ehe Silver Lake das Unternehmen übernahm. Die 2019 an die Börse gegangene Software One lag bis zur ersten Offerte von Bain ebenfalls klar unter Ausgabepreis. Und Software AG notierte in den Wochen vor dem ersten Kaufangebot von Silver Lake auf dem tiefsten Stand seit 2014.
Nun ist es normal, dass sich Private Equity Unternehmen vornimmt, deren Bewertungen Luft nach oben haben. Einkaufen, Aufhübschen, Weiterreichen lautet die Devise. Dabei setzen die Finanzinvestoren auch darauf, dass sie die Ruhe haben, eine Transformation durchzuziehen, die unter den nervösen Augen der Aktienanleger keine Chance hat. Allerdings sind Zweifel mit Blick auf die genannten Kandidaten angebracht. Die Software AG scheitert mit dem Versuch, das Digitalgeschäft zu solidem und profitablem Wachstum zu führen, schon seit über einem Jahrzehnt. An einem Mangel an Ruhe kann es nicht gelegen haben. Mit der Stiftung im Rücken hat das Darmstädter Softwareunternehmen von Haus aus weniger Druck als andere börsennotierte Gesellschaften.
Ähnlich steht es um Qualtrics. Die Plattform zum Management von Kundenerfahrungen galt zum Zeitpunkt der Übernahme durch SAP vor einigen Jahren als revolutionär. Mittlerweile gibt es zahlreiche Wettbewerber. Vor allem aber ist Qualtrics bis heute hoch defizitär. Bei 1,46 Mrd. Dollar Umsatz fiel 2022 ein Verlust von 1,06 Mrd. Dollar an. Eigentlich scheint die Ausgangsbasis noch ganz gut, um die Profitabilität zu steigern und das Unternehmen zurück an die Börse zu führen. Allerdings hat die Kundenzufriedenheit zuletzt leicht unter der etwas schlechteren Service-Qualität gelitten. Ob hier weitere Einsparungen möglich sind, ist zumindest zu hinterfragen. Ebenso dürfte es nicht leicht sein, die Axt an die Produktentwicklung anzulegen. Hier muss Qualtrics ohnehin aufpassen, angesichts der jüngsten technologischen Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz nicht rechts überholt zu werden. Beim Softwarelizenzhändler Software One, der mit Integrationsproblemen kämpft, stehen die Chancen vielleicht noch am besten.
Der jüngste Kaufrausch von Private Equity im Softwaresektor wirkt dennoch eher verzweifelt. Das angesammelte Kapital muss zwar wahrscheinlich investiert werden. Ob es bei den jüngsten Zielunternehmen gut angelegt ist, darf aber bezweifelt werden. In der Vergangenheit kam Private Equity oft zum Zuge, weil mehr Geld aufgeboten werden konnte, als es einem strategischen Investor möglich war. Hier wurden allerdings Unternehmen gekauft, an denen Strategen gar kein Interesse hatten, oder die – wie Qualtrics – von einem Strategen gerade erst veräußert wurden. Das ist nicht ohne Risiko: Im schlimmsten Fall werden hier Milliarden gezahlt für Software von der Resterampe.