Teilzeit ist auch keine Lösung
Fachkräftemangel
Teilzeit ist auch keine Lösung
Von Anna Steiner
Die gute Nachricht zuerst: Mehr Mütter mit minderjährigen Kindern sind erwerbstätig. Teilzeit wird immer beliebter. Daraus ließe sich zunächst ganz oberflächlich ablesen, dass Mütter verstärkt am Arbeitsmarkt teilhaben. Die Schattenseite: Nach wie vor gibt es deutlich mehr Frauen als Männer, die im Job zurückstecken, um Familienpflichten zu erfüllen. Fast jede zweite Frau arbeitet in Teilzeit. Vier von fünf Teilzeitbeschäftigten sind Frauen.
Und damit zu den schlechten Nachrichten: Der Plan der Bundesregierung, mit Zuwanderern und aufstockenden Teilzeitkräften die durch den demografischen Wandel verursachte Fachkräftelücke zu schließen, wird nicht aufgehen. Einerseits wollen immer mehr Teilzeitbeschäftigte gar nicht mehr arbeiten. Zum anderen würde das ohnehin nur zu einer Verlagerung des Personalmangels führen. Gerne betonen Arbeitsmarktpolitiker, wie wichtig der Ausbau der Kinderbetreuung sei, um Frauen stärker am Erwerbsleben zu beteiligen. Das mag zu einem Teil stimmen: Mehr Kita-Plätze würden es mehr Eltern ermöglichen, Geld zu verdienen.
Auf der anderen Seite fehlen schon heute Erzieher. In den meisten Bundesländern braucht es ein bis zwei Fachkräfte, um eine Gruppe von 20 Kindern ab 3 Jahren zu betreuen. Für kleinere Kinder ist der Personalschlüssel zu Recht noch strenger. Laut Bertelsmann-Stiftung fehlen schon heute 120.000 Erzieher, um eine kindgerechte Betreuung zu garantieren. Viele Kitas sind am Limit: Die Gruppen sind zu groß, die Öffnungszeiten werden immer länger, und immer mehr Kinder brauchen zusätzliche Unterstützung. Dafür wären eigentlich sogenannte Integrationshelfer zuständig, aber auch davon gibt es zu wenig. Dazu kommt der bürokratische Aufwand. Neben einer mauen Bezahlung macht auch die Arbeitsbelastung den Beruf immer unattraktiver.
Wer also nach dem Ausbau der Kinderbetreuung schreit, hat nur teilweise recht. Auch eine längere Wochenarbeitszeit, die Wirtschaftsverbände immer wieder lautstark fordern, könnte etwas Linderung verschaffen. Auf der anderen Seite aber würden dann noch mehr Erzieher gebraucht, die wir schon heute nicht haben. Tatsächlich kommt es auf die Arbeitgeber an: Statt mehr Arbeitsstunden zu verlangen, sollten sie ihren Mitarbeitern mehr Flexibilität zugestehen. Denn variable Arbeitszeiten und Ortsunabhängigkeit sind eine Grundvoraussetzung, um mehr Teilzeitler in Vollzeitjobs zu locken. Nur so lässt sich der Mangel nachhaltig beseitigen – und nebenbei eine Lanze für die Gleichstellung der Geschlechter brechen.