Tiefe Misere bei Ericsson
ERICSSON
Tiefe
Misere
Von Heidi Rohde
Die Aktie des Telekomausrüsters Ericsson findet keinen Halt auf der schiefen Bahn. Nicht nur dass der größte Zukauf der Firmengeschichte zur Hälfte abgeschrieben werden muss und damit augenscheinlich an die Liste der Missgriffe von Börje Ekholms Vorgänger als CEO Hans Vestberg anknüpft; auch im Kerngeschäft mit Netztechnik ist kein Licht am Horizont. Daher ist der Rückzug der Investoren, die den Konzern in den letzten Tagen fallen ließen wie eine heiße Kartoffel, durchaus verständlich.
Tatsächlich ging bei der schwedischen Tech-Ikone in den vergangenen Jahren so viel schief, dass schnelle Abhilfe auch mit dem Rauswurf des CEOs, den der aktivistische Investor Cevian mehr oder minder unverhohlen fordert, nicht in Sicht wäre. Ekholm, den die Großaktionäre Investor und Industrivärden beauftragt hatten, das Unternehmen nach der fehlgeleiteten Expansionsstrategie Vestbergs wieder auf Kurs zu bringen, setzte konsequent auf eine Bereinigung des Portfolios im Service und vor allem auf eine Fokussierung im Kerngeschäft. Begleitet von Sparmaßnahmen zahlte sich die Strategie aus, solange umsatzstarke Märkte wie Nordamerika eine robuste 5G-Nachfrage trugen.
Schwache Nachfrage
Allerdings ist das Netzwerkgeschäft primär ohnehin sehr zyklisch und in jüngster Zeit durch konjunkturelle Schwäche und geopolitische Spannungen belastet. Darüber hinaus haben insbesondere europäische Telekomnetzbetreiber, die für Ericsson eine wichtige Kundengruppe sind, seit Jahren ihrerseits Druck auf den Cashflows und stehen deshalb bei Investitionen auf der Bremse. Die neue Wachstumsregion Indien ist noch viel zu klein, um die Schwäche in Europa und den USA auszugleichen.
Aus Sorge, sich wieder zu verzetteln, hat Ekholm den Aufbau eines zweiten zentralen Standbeins für Ericsson im Bereich von Enterprise Networks zurückgestellt und dann versucht, mithilfe einer milliardenschweren Akquisition die Aufholjagd zu beschleunigen. Ob Vonage ein Fehlkauf war, ist noch nicht deshalb ausgemacht, weil eine Bewertungskorrektur bei börsennotierten Wettbewerbern zur Überprüfung zwang. Allerdings bleibt das Wachstum hinter den hochgesteckten Erwartungen zurück.
Ericsson mag hoffen, dass die politisch motivierte Kampagne gegen den Erzrivalen Huawei dem Kerngeschäft mit Netztechnik perspektivisch von selbst Auftrieb gibt, aber das Klumpenrisiko bliebe hoch. So ist es wohl zwingend, dass der Konzern noch die eine oder andere Krone in den Aufbau der Enterprise-Sparte steckt. Eine zweite Säule reduziert letztlich die Verwundbarkeit.