Trippelschritte am Finanzplatz Hamburg
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Trippelschritte am Finanzplatz
Von Carsten Steevens
Hamburg hat ein Profil als Hafen-, Handels-, Medien- sowie als Kultur- und Musikstadt. Gerne wird an der Elbe auch von einer großartigen Tradition als Finanzplatz mit der ältesten Börse (gegründet 1558) und der ältesten Privatbank (1590) des Landes, der ältesten Versicherung (1676) weltweit und der ersten (1778) und größten deutschen Sparkasse geschwärmt. Doch es ist kein Geheimnis, dass die zweitgrößte deutsche Metropole als Finanzstandort in den vergangenen 25 Jahren an Relevanz verloren hat.
Hamburg gilt als Wiege der Commerzbank, die ihre Geschäfte seit langem von Frankfurt aus steuert. Die Vereinsbank war eine ebenfalls im 19. Jahrhundert gegründete Hamburger Regionalbank, ehe sie 1974 mit der Westbank zur Vereins- und Westbank fusionierte und 2005 in der HypoVereinbank aufging. Hamburg hatte eine eigene Landesbank, die 2003 erst mit der Landesbank Schleswig-Holstein zusammenging, um dann als weltweit größter Schiffsfinanzierer HSH Nordbank im Zuge der Weltfinanzkrise spektakulär zu scheitern. In den 1980er Jahren galt Hamburg als Assekuranz-Hochburg in Deutschland. Heute hat mit der mittelständischen HanseMerkur nur noch ein selbständiger und konzernunabhängiger Versicherer seinen Hauptsitz in der Hansestadt.
Nicht gerade prickelnd für den Finanzplatz Hamburg ist aktuell die sich hinziehende Debatte über die Verwicklung der Warburg Bank in den Cum-ex-Skandal. Einen Hinweis, wie sich Hamburg im Wettbewerb der Finanzplätze entwickelt, liefert der Global Financial Centres Index (GFCI), den der britische Thinktank Z/Yen Group im halbjährlichen Abstand neu ermittelt. Der Ende September erschienenen 34. Auflage zufolge hat die Hansestadt sechs Plätze verloren und rangiert aktuell an 49. Stelle, während sich das Rating aller 121 bewerteten Zentren im Schnitt um 3,5% verbesserte. In der zersplitterten deutschen Finanzplatzlandschaft findet sich Hamburg als aktuell am schlechtesten platzierter Standort hinter Frankfurt (14), Berlin (23), München (26) und Stuttgart (46) wieder. Außer Hamburg büßte zuletzt nur München Plätze ein, allerdings gleich derer acht.
Bemühungen, den Standort zu stärken, gibt es auch in Hamburg seit langem, betrieben etwa durch den 2007 entstandenen Finanzplatz Hamburg e.V.. Gemeinsam mit dem Hamburger Senat und der Handelskammer Hamburg wurde vor zwei Jahren – am 1. Oktober 2021 – ein Masterplan für die Finanzwirtschaft 2021–2025 vorgelegt. Im Juni dieses Jahres startete mit der „FCH Finance City Hamburg GmbH“ ein Gemeinschaftsprojekt der drei Akteure mit dem Ziel, durch Kräftebündelung mehr innovative Impulse für die Hamburger Finanz- und Realwirtschaft zu ermöglichen, die Ansiedlung neuer Unternehmen zu befördern und vorhandene Stärken des Hamburger Finanzstandorts national und international sichtbarer werden zu lassen.
Fortschritte bei diesen Bemühungen lassen sich oberflächlich kaum ausmachen. Sie werden eng mit der wirtschaftlichen Prosperität der Region einhergehen. Hier könnte eine Rolle spielen, wie es Hamburg in Zukunft gelingt, nach dem Brexit ein gern beschworenes jahrhundertealtes Band nach Großbritannien bei einer Wiederannäherung zwischen dem Königreich und der EU zu nutzen. Ebenso deuten sich durch kürzere landgebundene Wegzeiten nach Nordeuropa im Zuge der entstehenden Fehmarnbeltquerung Chancen für die Real- und Finanzwirtschaft der Hansestadt an.
Weit ins Hintertreffen geraten ist der Finanzplatz Hamburg nicht. Von Vorteil sind die kurzen Wege im Stadtstaat zwischen Finanzplatzakteuren, Politik und Handelskammer. Es gibt Assets im Bankensektor, es gibt die aktive Börse, eine gute Position bei Fintechs und Versicherungsmaklern. Der Hamburger Finanzplatz lebt nicht allein von seiner Vergangenheit. Nun geht es darum, den Masterplan umzusetzen. Große Sprünge im Standortwettbewerb, das zeigen die vergangenen Jahre, sollte man aber besser nicht erwarten.