KommentarBankenpaket

Umsetzung mit Augenmaß bei Basel III

Was zählt, ist, dass die EU-Gesetzgeber das Bankenpaket nicht noch einmal aufgeschnürt haben.

Umsetzung mit Augenmaß bei Basel III

Basel III

Umsetzung mit Augenmaß

Von Stefan Reccius, Brüssel

Was zählt, ist, dass die EU-Gesetzgeber das Bankenpaket nicht noch einmal aufgeschnürt haben.

Lasse niemals eine gute Krise verstreichen: Das Bonmot von Winston Churchill drängt sich auf, wenn es um die Umsetzung des Bankenpakets Basel III in der Europäischen Union geht. Schließlich standen die Schlussverhandlungen unter dem Eindruck der Erschütterungen in den USA und der Schweiz – Silicon Valley Bank und Credit Suisse lassen grüßen.

Gemessen an der Wucht der Erschütterungen muss der nun erzielte Kompromiss Basel-Puristen zwangsläufig enttäuschen: Er ist gespickt mit Übergangsregeln und Ausnahmen. Schärfere Eigenkapitalvorgaben kommen schrittweise, andere Vorschriften teils in abgeschwächter Form. Die Turbulenzen dieses Frühjahres konnten das nicht substanziell ändern.

Haben die EU-Gesetzgeber Churchills Weisheit folglich nicht beherzigt? Der Eindruck täuscht. Denn die Erschütterungen im Bankensektor haben die Dringlichkeit deutlich gemacht, das Bankenpaket Basel III
mit den Lehren aus der Weltfinanzkrise ins Ziel zu bringen. Um das zu schaffen, mussten die Verhandler der Versuchung widerstehen, das über Jahre mühsam erarbeitete Paket wieder aufzuschnüren.

Andernfalls wären weitere Verzögerungen die Folge gewesen. Das kann erst recht niemand wollen. Denn die EU hat sich dazu bekannt, die Basel-Vorgaben ab 2025 umzusetzen – auch um die wichtige Reform endlich zu einem vorläufigen Abschluss zu bringen, statt in einer Endlosschleife gefangen zu sein.

Die EU-Gesetzgeber mussten eine delikate Balance finden: Auf der einen Seite quengelnde Banken, die Sorgen um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit geltend machen. Auf der anderen Seite Mahnungen, die Basel-Regeln so originalgetreu wie möglich umzusetzen und nicht vor der allmächtigen Bankenlobby einzuknicken.

Das Ergebnis ist eine Umsetzung der internationalen Basel-Vorgaben mit Augenmaß. Das zeigt sich beispielsweise im Umgang mit Unternehmen ohne eigenes Kreditrating. Ohne eine Übergangslösung hätten Banken Kredite an Mittelständler auf einen Schlag mit deutlich mehr Eigenkapital hinterlegen müssen. Für viele von ihnen würde womöglich eine ihrer wichtigsten Finanzierungsquellen versiegen.

Deshalb ist es sinnvoll, in der Umsetzung der Basel-III-Vorgaben europäische Besonderheiten zu berücksichtigen, ohne die Basel-III-Vorgaben zu entkernen. Das ist weitgehend gelungen, auch wenn Raum für Nachbesserungen bleibt. Für den Moment zählt, dass die Baseler Reformen in der EU im Ziel sind. Dem würde wohl auch Churchill zustimmen.

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