Washington

Unsichtbare Opfer der Coronakrise

Steigende Preise und leere Ladenregale sind nur die sichtbaren Folgen der Coronakrise. Aber es gibt auch unsichtbare Opfer: etwa den Beruf des Lehrers. Der demografische Wandel tut sein Übriges.

Unsichtbare Opfer der Coronakrise

Fast zwei Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie sind in den USA die Verbraucherpreise auf den höchsten Stand seit 40 Jahren gestiegen. Auch stehen Verbraucher in Geschäften häufig vor leeren Regalen. Dabei sind diese in der Überflussgesellschaft sonst so gut wie nie zu sehen. Doch hohe Preise und Lieferengpässe zählen zu den transparenten Folgen der Pandemie, denn diese hat auch weniger sichtbare Opfer gefordert.

Ein Beispiel ist der Berufsstand des Lehrers. Immer mehr Lehrkräfte entscheiden sich, den Job hinzuschmeißen. Auch fehlt es an Nachwuchs. Das dürfte zu einem Problem werden, da viele Lehrer der Generation der Babyboomer angehören und kurz vor der Rente stehen. Wie aus einer Umfrage des Mission Square Research Institute hervorgeht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Lehrer ihren Job wechseln, seit Corona höher als bei jeder anderen Berufsgruppe unter den öffentlich Bediensteten. Eine andere Umfrage ergab, dass Ende 2021 48% aller Lehrer ernsthaft an einen Karrierewechsel dachten. Vielen ist das angesichts der Arbeitskräfteknappheit auch gelungen. Sie lassen sich umschulen, wechseln in die Tech-Branche, in administrative Positionen oder werden freiberuflich tätig, beispielsweise als „Corporate Trainer“ oder Co-Autoren von Schulbüchern.

Als Gründe für ihre Umorientierung geben Lehrer etwa die Unannehmlichkeiten an, die im Zusammenhang mit der Pandemie aufgetreten sind: die Ansteckungsgefahr etwa oder der Dauerstreit um die Maskenpflicht in Schulen. Hinzu kommt der schwierige Umgang mit Kindern, die mit den Kontaktbeschränkungen nicht fertig wurden und nun disziplinarische Probleme haben. Auch die Politisierung der Lehrpläne nimmt vielen die Motivation. Diese schlägt sich etwa in den Versuchen von Republikanern nieder, die Aufnahme der sogenannten „Critical Race Theory“ in die Lehrpläne zu verhindern. Dies hat zur Folge, dass Amerikas rassistische Vergangenheit im Schulunterricht effektiv verschwiegen wird. Das kommt bei konservativen Wählern gut an, nicht aber bei größtenteils liberalen Millennials.

Experten warnen, dass die Knappheit an Lehrern in den kommenden Jahren akut werden könnte. Einer aktuellen Erhebung zufolge hat ein Fünftel aller Universitäten, die Lehramtsausbildungen anbieten, in diesem Bereich einen signifikanten Rückgang der neu Immatrikulierten gemeldet. Das geringe Interesse begründen junge Menschen mit den Coronafolgen, aber auch mit der schlechten Bezahlung. „Wir haben eine echte Krise“, sagt Lynn Gangone, Präsidentin des AACTE, eines Netzwerks für die Ausbildung von Pädagogen. Wenn der Trend anhält, dann werden in vielen Schulen Kinder bald in leeren Klassenzimmern sitzen, „ohne Lehrer und mit gravierenden Folgen für ihre eigene Zukunft“.

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Seit Monaten sorgen neue US-Gesetze­ für Schlagzeilen, die in Staaten mit republikanischen Parlamenten verabschiedet wurden und Minderheiten bei Wahlen die Stimmabgabe erschweren werden. Skurrile Blüten treiben indes in Florida die Versuche der Republikanischen Partei, noch einen Schritt weiter zu gehen. Sie versuchen, demokratische Wähler zu manipulieren und ohne deren Wissen einen Parteiwechsel zu erwirken.

So berichteten während der letzten Wochen Dutzende von demokratischen Wählern in Miami, dass fremde Menschen mit roten Baseballkappen, die sich als republikanische Wahlhelfer auswiesen, bei ihnen anklopften. Diese behaupteten fälschlich, dass die Wählerregistrierung erneuert werden müsse. Ahnungslos unterschrieben die Wähler das unvollständig ausgefüllte Papier.

Erst später erfuhren sie, dass die Wahlhelfer in jenem Kästchen, das die Parteizugehörigkeit identifiziert, nachträglich „republikanisch“ angekreuzt hatten. Bedeutsam ist dies, weil Florida einer der wenigen Staaten ist, wo nur die Teilnahme an Vorwahlen der eigenen Partei möglich ist. Nun will Annette Taddeo, Vizechefin des Ethikausschusses in Floridas Staatssenat, eine parlamentarische Untersuchung einleiten. „Das ist ein weiterer, klarer Fall von Wahlmanipulation“, sagte Taddeo, „und die Verantwortlichen müssen wir zur Rechenschaft ziehen.“