LEITARTIKEL

Unter Druck

Der Ölpreisverfall macht viele Förderprojekte unrentabel. Deswegen wird ein großer Teil dieser Vorhaben nicht realisiert, was die Ausrüster und Dienstleister der Ölkonzerne in Form ausbleibender Neu- oder Anschlussaufträge zu spüren bekommen....

Unter Druck

Der Ölpreisverfall macht viele Förderprojekte unrentabel. Deswegen wird ein großer Teil dieser Vorhaben nicht realisiert, was die Ausrüster und Dienstleister der Ölkonzerne in Form ausbleibender Neu- oder Anschlussaufträge zu spüren bekommen. Analysten sagen daher für die nächsten zwei Jahre sinkende Gewinne für diese Unternehmen voraus, da sich an der üppigen Versorgungslage vorerst nichts ändern dürfte. Die Internationale Energieagentur (IEA) rechnet bis 2019 mit einer jährlichen Zunahme der Ölnachfrage von im Schnitt knapp 1,3 Mill. Barrel pro Tag. Die globalen Produktionskapazitäten werden jedoch laut IEA bis 2017 jedes Jahr um 1,6 bis 1,8 Mill. Barrel pro Tag wachsen – also stärker als die Nachfrage.Die großen US-Konzerne Schlumberger, die vor dem Zusammenschluss stehenden Halliburton und Baker Hughes sowie National Oilwell Varco sind so breit aufgestellt und auch regional so diversifiziert, dass sie gestärkt aus der Branchenflaute hervorgehen dürften. Anders sieht es bei den meisten europäischen Vertretern aus: Sie bringen zum einen nicht annähernd das Gewicht auf die Waage wie ihre amerikanischen Rivalen, zum anderen sind sie mit Ausnahme der französischen Technip und der italienischen Saipem stark spezialisiert, was in diesem Umfeld negativ ist.Einige Branchenvertreter versuchen, mittels Akquisitionen voranzukommen. Zusammenschlüsse von Unternehmen führen häufig zu Kosteneinsparungen, was die Wettbewerbsfähigkeit verbessert und den Preisdruck abfedert. Insbesondere im Backoffice (etwa Buchführung, EDV, Rechtsabteilung) wird dann häufig Personal abgebaut. So kündigte Halliburton (80 000 Beschäftigte) Mitte November die Verschmelzung mit Baker Hughes (61 000 Beschäftigte) an. Mit einem Transaktionswert von 34,6 Mrd. Dollar ist es die größte Übernahme im US-Energiesektor seit fünf Jahren. Aus dem Zusammenschluss des weltweit zweitgrößten Ölfeldausrüsters mit der Nummer 3 entsteht hinter Branchenführer Schlumberger ein Konzern, der sich aufgrund seiner steigenden Bedeutung besser in den Verhandlungen mit Kunden und Zulieferern behaupten kann als zuvor. Allerdings wird selbst das fusionierte Unternehmen nur wenig mehr als halb so groß sein wie Branchenprimus Schlumberger.Baker Hughes war bislang einer der größten Rivalen von Halliburton; die Firmen sind auf denselben Geschäftsfeldern und zum Teil auch in denselben Regionen unterwegs. Das kann man von Technip und CGG nicht behaupten. Die beiden französischen Unternehmen eint formal die Branchenzugehörigkeit und ein gemeinsamer Aktionär: der Staat. Ansonsten erklärt sich die Offerte über knapp 1,5 Mrd. Euro, das Technip Ende November unterbreitete und das von CGG sofort abgelehnt wurde, mit dem Versuch, das Portfolio zu erweitern. Technip gilt als größter Dienstleister für Öl- und Gasproduzenten in Europa (Projektmanagement, Engineering-Lösungen und Bautechnik). CGG ist ein Spezialist für seismische Vermessungen; dieses Geschäft gilt als das zyklischste aller Ölservices, das in Zeiten eines fallenden Preises die meisten Investoren nicht mit der Beißzange anfassen würden. Daher wird gemunkelt, die Regierung in Paris ziehe im Hintergrund die Fäden. Einen Vorteil hätten Technip und CGG allerdings im Vergleich zu Halliburton und Baker Hughes: Ihre Fusion würde kaum auf Widerstand bei den Kartellbehörden stoßen, während die beiden US-Konzerne wohl zu milliardenschweren Asset-Verkäufen gedrängt werden.Besonders unter Druck sind Ausrüster und Dienstleister, die auf schwierige Förderstandorte wie die Tiefsee spezialisiert sind, wo hoher technischer Aufwand notwendig und großes Know-how gefragt sind. Dort liegen die Kosten je Barrel ungleich höher als an Land. Daher finden sich unter den Ölbohrunternehmen, deren Aktien in den vergangenen Monaten am stärksten verloren haben, die norwegische Seadrill und die in der Schweiz registrierte Transocean, die mit ihren Schiffen und Förderplattformen Offshore-Bohrungen durchführen.Die Mitglieder der Opec, die für rund ein Drittel des weltweiten Angebots steht, sind zerstritten und konnten sich jüngst nicht auf eine Förderkürzung einigen. In den USA sind die Kosten des Fracking – der umstrittenen Methode aus Schiefergestein Öl und Gas zu extrahieren – teilweise auf 40 Dollar pro Barrel gesunken; maximal betragen sie knapp 70 Dollar. Auf diesem Niveau liegt auch der Ölpreis. Es spricht also wenig dafür, dass Öl in nächster Zeit spürbar teurer wird und die Ausrüster wieder mehr zu tun bekommen.——–Von Martin DunzendorferDie Ölproduktion wächst schneller als der Verbrauch. Die Preise fallen, Förderprojekte werden unrentabel. Auf die Ölfeldausrüster kommen magere Zeiten zu.——-