KommentarNach Fed-Stresstest

US-Banken haben keine Zeit zum Aufatmen

Nach den robusten Resultaten des jüngsten Fed-Stresstests ist für den US-Bankensektor noch lange keine Entwarnung geboten. Auch die führenden Finanzinstitute des Landes stellen sich zurecht auf neuerliche Unruhe ein.

US-Banken haben keine Zeit zum Aufatmen

US-Banken

Keine Zeit
zum Aufatmen

Von Alex Wehnert

Die letztlich entscheidenden Risiken für US-Banken tauchen in Fed-Stresstests häufig gar nicht auf.

Wer in den robusten Resultaten des jüngsten Fed-Bankenstresstests ein Signal zum Aufatmen für die Banken sieht, muss schnell auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Nicht nur, dass die Simulation der Aufsicht nur die 23 führenden Kreditinstitute des Landes erfasste und die derzeit größte Risikogruppe – die Regionalbanken – unzureichend abdeckte. Darüber hinaus hat die Entwicklung nach dem Stresstest 2022, den eine größere Gruppe an Instituten durchlief, die mangelnde Modellierbarkeit von Krisen im Sektor gezeigt.

Nicht zum ersten Mal stufte die Federal Reserve in ihrem Worst Case aus dem vergangenen Jahr Faktoren wie einen zunehmenden Druck auf Schwellenländer als große Gefahren ein, die sich nicht in dieser Schwere realisieren sollten. Und ebenfalls nicht zum ersten Mal tauchte das letztlich entscheidende Risiko – die negativen Effekte harter Zinserhöhungen auf die Wertpapierportfolios der Banken – in den Testszenarien aus dem Februar gar nicht auf.

Im Härtefall erwartete die Notenbank, dass die Rendite der dreimonatigen US-Staatsanleihe über den Simulationszeitraum bis 2025 hinweg nahe null verharren würde. Heute werden T-Bills mit über 5,3% verzinst. Die Renditesprünge bescherten Regionalbanken, die den vermeintlich sicheren Treasury-Hafen besonders gern ansteuerten, hohe Mark-to-Market-Verluste.

Kreditinstitute wie die kollabierte Silicon Valley Bank waren schließlich gezwungen, die auf dem Papier existierenden Fehlbeträge zu realisieren, als Sparer in größerer Menge Einlagen abzogen. Das Resultat daraus war die Panik aus dem Frühjahr, die den Sektor noch lange beschäftigen dürfte. Der für Aufsicht zuständige Fed-Vize Michael Barr tut folglich gut daran, Demut anzumahnen und eine stetige Weiterentwicklung der Stresstests anzupeilen.

Schließlich deuten die jüngsten Mitteilungen zum Shareholder Return an, dass selbst die führenden Vertreter des Sektors ängstlich auf Flexibilität bedacht sind. Fünf der sechs führenden US-Banken kündigten am Freitag zwar an, die Dividende zu erhöhen. Nur Morgan Stanley zeigte sich mit der erneuten Freigabe eines bis zu 20 Mrd. schweren Rückkaufprogramms aber bereit zu neuen Buybacks. Die Pläne fallen damit ungewöhnlich defensiv aus – und das zu Recht. Die härteren Kapitalvorgaben, über die Regulatoren derzeit diskutieren, stellen für sich schon einen guten Grund dar, mehr Mittel vorzuhalten. Die Unsicherheit über die weitere Zinsentwicklung sorgt erst recht dafür, dass die US-Banken über die bevorstehende Berichtssaison zum zweiten Quartal hinaus die Luft anhalten dürften.

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