LeitartikelSubventionen

US-Chipprogramm droht schweres Scheitern

Die Förderung der US-Halbleiterproduktion aus dem 2022 verabschiedeten Chips Act rollt nur langsam an. Das Subventionsprogramm droht seine Wirkung zu verfehlen – es wäre ein folgenschweres Scheitern.

US-Chipprogramm droht schweres Scheitern

Subventionen

US-Chip-Programm droht Fehlschlag

Von Alex Wehnert, New York

Die Förderung der US-Halbleiterproduktion droht an bürokratischen Hürden zu scheitern – mit schwerwiegenden Folgen.

In den Vereinigten Staaten rollt die Förderung aus dem 2022 verabschiedeten Chips and Science Act an – doch die Aufbruchstimmung um das insgesamt fast 53 Mrd. Dollar schwere Programm ist zurecht tiefer Ernüchterung gewichen. Denn das Ziel der US-Regierung, die heimische Halbleiterproduktion anzukurbeln und zugleich den Ausbau der chinesischen Chip-Kapazitäten einzudämmen, erscheint heute mindestens genauso schwer erreichbar wie vor einem Jahr.

Dass umfangreiche Restriktionen in Bezug auf Ausfuhren von Halbleitertechnologie in die Volksrepublik offenbar kaum die erhoffte Wirkung entfalten, zeigt sich an dem jüngsten Entwicklungssprung von Huawei. Der bereits seit 2019 mit US-Sanktionen belegte Smartphone-Konzern startete Ende August den Verkauf seines neuen Modells Mate 60 Pro, das einen hochleistungsfähigen, in China hergestellten Prozessor enthält. US-Exportkontrollen mögen damit zwar nicht völlig ineffektiv sein, aber doch zumindest porös.

Dies verleiht der Furcht Nahrung, dass chinesische Unternehmen sogar von den Subventionen aus dem Chips Act profitieren könnten. Dem begegnet das Handelsministerium in Washington nun mit einem finalisierten Regelwerk für Empfänger von Fördermitteln. Begünstigte dürfen demnach über zehn Jahre nicht in einen signifikanten Ausbau von Produktionskapazitäten in Ländern investieren, deren Fortschritte als bedenklich für die Sicherheit der USA gelten. Zudem enthält das Regelwerk Klarstellungen wie die, dass auch die Herstellung von Wafern als Ausgangsmaterial für Mikrochips unter die Halbleiterproduktion fällt. Ebenfalls eingeflossen sind stärkere Restriktionen für Spezialchips.

Daran zeigt sich allerdings das nächste Problem des Chips Act: Dieser ist mit kleinteiligen Vorgaben gespickt – die enthaltenen Subventionen tatsächlich abzurufen, wird damit zur Herausforderung. Hinzu kommen zahlreiche weitere Bundesgesetze und Genehmigungsprozesse einer Myriade verschiedener Regulierungsbehörden, die beim Bau von Chipfabriken greifen. Dies soll mitunter hehren Zielen wie dem Umweltschutz dienen, trägt aber eben dazu bei, dass der Bau von Halbleiterfabriken gemäß Bloomberg-Daten 25% länger dauert als in Asien. Und die technologische Entwicklung wartet eben nicht auf jahrelange bürokratische Verfahren.

Immerhin: Langsam bewerben sich mehr Unternehmen für eine Förderung nach dem Chips Act. Am Montag vermeldete der Auftragsfertiger Globalfoundries, entsprechende Anträge eingereicht zu haben. Ab dem Herbst sollen verstärkt Mittel aus dem Handelsministerium fließen. Die bislang größte Finanzierung im Rahmen des Chips Act kommt allerdings aus dem Verteidigungsministerium und ist lediglich 238 Mill. Dollar schwer. Mit den Mitteln will das Pentagon den Bau von acht Innovationszentren fördern. Die Forschung dort soll sich zwar nach Anforderungen der Kampfführung richten, aber auch in kommerzielle Anwendungen einfließen. "Lab-to-Fab-Transition" lautet das beliebte Schlagwort dazu – doch der Weg aus dem Labor in die Fabrik dürfte weit sein. Denn Forschungstechnologien für die Produktion umzuwidmen, beinhaltet häufig ein komplettes Neudesign der Hardwarearchitektur.

Selbst wenn die Fördermittel für kommerzielle Anwendungen aber wie geplant fließen sollten, ist das Ende der Probleme mit dem Chips Act damit nicht erreicht. Auch Handelsministerin Gina Raimondo hat zuletzt eingeräumt, dass Arbeitskräfte für die neuen Chipfabriken knapp sind. Die Herausforderungen um den Chips Act wiegen auch deshalb so schwer, weil die Subventionsprogramme der demokratischen Regierung zu hohen Staatsausgaben beitragen. Dies zieht politische Streitigkeiten in Washington nach sich, sei es der Konflikt um die Anhebung der Schuldenobergrenze im ersten Halbjahr oder der aktuelle Krach um die Freigabe von Haushaltsmitteln. Diese Entwicklungen haben das Image der USA an den Kapitalmärkten im laufenden Jahr unbestreitbar beschädigt. Umso wichtiger ist es für Präsident Joe Biden, seine Subventionsprogramme über einen Abbau von Bürokratie und kleinteiligen Vorgaben sowie eine vereinfachte Zuwanderung von Fachkräften noch zu Erfolgsprojekten zu machen.

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