LeitartikelGenerationenwechsel begleiten

Vom CEO zum Kümmerer

Karrieren im Top-Management erfordern heute meist ein Studium und Flexibilität. Die Generationenübergabe profitiert von der Erfahrung älterer Führungskräfte.

Vom CEO zum Kümmerer

Es gab sie, die Männer (praktisch keine Frauen), die als Lehrlinge mit 16 Jahren im Unternehmen angefangen haben, sich über die Jahrzehnte bis zum Vorstandschef hochgearbeitet haben und dann im Rentenalter nach fast 50 Berufsjahren ohne Cooling-off-Periode direkt in den Aufsichtsrat wechselten, um dort noch bis 70 Jahre oder darüber den Vorsitz zu übernehmen.

Abschied von gestern

Heute ist das nicht mehr denkbar. Nicht nur, weil formelle und informelle Regeln einen solchen nahtlosen Übergang in ein Kontrollgremium nicht mehr erlauben. Sondern auch, weil es solche Karrieren heute einfach nicht mehr gibt. Ohne Studium steigt fast niemand mehr in das Top-Management auf. Und immer weniger verbringen ihr ganzes Berufsleben in nur einem Unternehmen – schon gar nicht, wer eine (Vorstands-)Karriere machen will.

Dieses Berufsleben sieht auch im Vorstand anders aus als noch vor wenigen Jahren. Bis zur Pensionsgrenze (die ja gesetzlich für die meisten nicht mehr 65 ist) arbeiten immer weniger – weil in manchen Unternehmen schon mit 62 oder 63 zumindest im Vorstand Schluss sein soll. Aber auch, weil viele – nicht nur Männer, sondern auch Frauen – früher aufhören wollen.

Mal langsamer machen

Raus aus dem Hamsterrad des Managements, in das man sich schon vor vielen Jahren begeben hat, ist bei den Betroffenen zu hören. Es gibt noch genug Möglichkeiten, die eigenen Erfahrungen und Fähigkeiten woanders einzubringen.

Das können, ganz klassisch, Aufsichtsrats- oder Beiratstätigkeiten in oder außerhalb der bisherigen Unternehmensgruppe sein. Das können aber auch individuelle Mandate sein, in denen die erfahrene Führungskraft Jüngeren, die noch mitten in ihrer Karriere sind und vielleicht gerade vor dem nächsten Karrieresprung stehen, ihre Erfahrungen vermittelt. Das geht dann bis zum Einzel-Coaching.

Wissen und Erfahrung können gerade bei Transformationsprozessen sehr wertvoll sein. Mit der Mischung aus Erfahrungswissen aus der Bewältigung von Krisen, die es ja in einem längeren Berufsleben viele gab (wie zum Beispiel 9.11.2001 oder die Finanzkrise 2007/2008), und dem technologischen Erfahrungswissen der Jüngeren (Digital Natives) lässt sich der jetzt anstehende Generationswechsel gut bewältigen.

Bis Ende des Jahrzehnts ist der Wechsel abgeschlossen

Denn bis Ende des Jahrzehnts werden die geburtenstarken Jahrgänge aus den Unternehmen verschwunden sein. Den Übergang auf die ja weniger personenstarke jüngere Generation hinzubekommen kann mithilfe der Älteren viel leichter werden.

Diese Hilfe muss aber nicht nur einen direkten Unternehmensbezug haben. Viele, die in einem Unternehmen Verantwortung übernommen haben, wollen dies (statt Ruhestand) auch in der Gesellschaft tun. Wirtschaftliche und organisatorische Kenntnisse sind gerade in Stadtteil- und Brennpunktinitiativen gesucht.

Schuldnerberatung ist heute mehr denn je gefragt, wie erst in diesen Tagen Daten der Schufa gezeigt haben. Danach haben immer mehr Personen Zahlungsschwierigkeiten und geraten in die Überschuldung. Dies gilt in besonderem Ausmaß für Jüngere.

Lotse durch den Behördendschungel

Viele Menschen mit Migrationshintergrund, die ja als vollwertige Arbeitskräfte hoch begehrt sind, brauchen Hilfe im deutschen Behördendschungel. Wer Organisationserfahrung und Menschenkenntnis hat, kann hier helfen und Lotse sein.

Aber natürlich gibt es auch Manager, die nach ihrem (erfüllten) Berufsleben sich vermehrt der Familie widmen, mehr reisen, schlicht mehr freie Zeit haben wollen. Und es gibt die anderen, die gerne bis 66 oder 67 arbeiten und noch länger arbeiten, aber bei ihrem Arbeitgeber auf Ablehnung stoßen. Der Generationenwechsel kann und wird gelingen, wenn alle mithelfen. Erfahrung und Wissen weiterzugeben kann erfüllend sein in einem Leben nach Ende der aktiven Karriere.

Babyboomer

Vom CEO zum Kümmerer

Von Thomas List

Viele Top-Manager beenden zwar früher ihr Mandat, wollen ihr Wissen und ihre Erfahrung aber weitergeben.

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