Rundfunk Berlin-Brandenburg

Vom Quotentief in den Korruptionssumpf

Die Landesrundfunkanstalt für die Länder Berlin und Brandenburg weist seit Jahren die schlechteste Reichweite innerhalb der ARD aus. RBB-Intendantin und ARD-Vorsitzende Patricia Schlesinger sieht sich jetzt außerdem mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.

Vom Quotentief in den Korruptionssumpf

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hält seit Jahren tapfer die rote Laterne innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland (ARD). Im Juni lag der Marktanteil des RBB im eigenen Sendegebiet zwar zum ersten Mal in diesem Jahr oberhalb von 6%. Vom langjährigen ARD-Primus, dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), der in seinem Sendegebiet Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt auf knapp 10% Marktanteil kommt, trennen den RBB aber Welten. Die Zeiten, in denen die notorisch geringe Reichweite der 2003 aus Ostdeutschem Rundfunk Brandenburg und Sender Freies Berlin entstandenen Rundfunkanstalt für die Intendantin Patricia Schlesinger das größte Problem darstellte, sind freilich vorbei. Denn seit Wochen sieht sich die 61-Jährige, die den RBB seit 2016 führt und seit Jahresanfang als erste RBB-Chefin auch den ARD-Vorsitz innehat, mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert.

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Im Zentrum der Vorwürfe stehen Schlesinger, ihr Mann Gerhard Spörl und RBB-Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf. Wie das Online-Portal „Business Insider“ von Axel Springer als Erstes berichtete, verschaffte der Immobilienunternehmer Wolf, der neben dem RBB auch die Messe Berlin als Chefkontrolleur beaufsichtigt, dem ehemaligen „Spiegel“-Journalisten Spörl einen lukrativen Beratervertrag bei der Messe. Seine Gattin wiederum hat für das RBB-Großprojekt „Digitales Medienhaus“, dessen Kosten sich nach Informationen des Springer-Titels „Bild“ verdreifachen könnten, auf Vermittlung von Wolf mindestens einen Berater mit an Bord geholt. Schlesinger wird außerdem vorgeworfen, von ihr ausgerichtete Geschäftsessen nicht korrekt abgerechnet zu haben.

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In der zurückliegenden Woche hat die Affäre die Reichweite des RBB wohl endgültig hinter sich gelassen. Denn spätestens seit Schlesinger am Dienstag einer Sondersitzung des Hauptausschusses im Brandenburger Landtag zu den Vorwürfen ferngeblieben ist, hat sich die Politik in das Programm eingeschaltet. Der Landtag in Potsdam übermittelte zwei Dutzend Fragen an die RBB-Intendantin, die sie innerhalb von 14 Tagen zu den Vorwürfen beantworten muss. Währenddessen wächst die Kritik im eigenen Haus, wie die ebenfalls dem Springer-Verlag zugehörige „Welt“ in den vergangenen Tagen berichtete. Beim RBB war die Stimmung freilich schon vor der Berateraffäre schlecht, wie zuletzt eine Boykott-Aktion der mehr als 1000 freien Mitarbeiter am Osterwochenende deutlich machte. Die Reihen innerhalb der ARD bleiben derweil noch geschlossen. Angelegenheiten, die den RBB und seinen Verwaltungsrat betreffen, kommentiere man nicht und vertraue auf den Aufklärungsprozess, hieß es von den anderen Rundfunkanstalten. Mit solchen Cliffhangern im Programm würden auch die Einschaltquoten des RBB besser ausfallen.

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