LeitartikelAktienaufspaltungen im Trend

Vorsicht vor dem Hype um Stock Splits

Zahlreiche US-Unternehmen trachten danach, ihre Aktien durch Stock Splits für eine größere Investorenbasis attraktiv zu machen. Doch allein die Ankündigung einer solchen Maßnahme als Einstiegssignal zu begreifen, ist gefährlich.

Vorsicht vor dem Hype um Stock Splits

Stock Splits

Vorsicht vor der Spaltung

Stock Splits sollen Aktien günstiger erscheinen lassen. Automatisch attraktiver werden sie damit aber nicht.

Von Alex Wehnert

Stock Splits sind in den USA wieder in Mode – doch sollten Investoren den Hype um die Aufspaltung von Aktien mit Vorsicht genießen. In den vergangenen Monaten haben Unternehmen wie die Fast-Food-Restaurantkette Chipotle Mexican Grill, der Einzelhandelsriese Walmart, die Softwarefirma Microstrategy sowie die Chipdesigner Nvidia und Broadcom mit solchen Maßnahmen danach getrachtet, ihre Aktien für eine breitere Investorenbasis erschwinglicher zu machen. Allerdings gilt in der Renaissance der Stock Splits, was schon während der Internetblase der späten 1990er Jahre zutraf: Eine Aufspaltung mag den Kurs senken, günstiger wird ein Titel dadurch aber mitnichten.

Bei Chipotle beispielsweise mag das vorwärts gerichtete Kurs-Gewinn-Verhältnis seit dem Ende Juni vollzogenen Stock Split, in dessen Zuge Anteilseigner für jede Aktie 49 neue zugeteilt bekamen, von zeitweise 56 auf Stand Mittwoch rund 42 zurückgegangen sein. Mit der Aufspaltung hat dies aber logischerweise nichts zu tun – denn während der Titel nun zwar nicht mehr wie Mitte Juni zu über 3.400 Dollar, sondern lediglich noch zu 51,68 Dollar handelt, müssen auch die Schätzungen für den Gewinn pro Aktie im Nenner des KGV an eine größere Zahl an umlaufenden Anteilen angepasst werden. Vielmehr sind das eingetrübte US-Konsumumfeld und der Abschied des zu Starbucks wechselnden CEO Brian Niccol für die niedrigere Bewertung verantwortlich.

Höhere Trading-Aktivität erhofft

Nicht nur Chipotle führt zur Begründung für den Stock Split an, sich auf niedrigen Kursniveaus neue Investorenkreise erschließen zu wollen. Auch Walmart verfolgte mit ihrer Ende Januar angekündigten Aktienspaltung im Modus „drei für eine“ nach Unternehmensangaben das Ziel, mehr Mitarbeitern eine Teilnahme an Kaufprogrammen zu ermöglichen. Und das für seine bei Läufern beliebte Marke Hoka bekannte Schuhunternehmen Deckers Outdoor erhofft sich mit Blick auf einen geplanten Stock Split, bei der Aktionäre Anfang September je Anteil fünf neue erhalten sollen, eine verbesserte Liquidität und höhere Trading-Aktivität, die schließlich auch den Kurs antreiben sollen.

Was bei diesen Überlegungen untergeht: Ein Einstieg bei Deckers zu Kursniveaus von 940 Dollar mag für viele Retail-Anleger eine zu hohe Einzelinvestition darstellen. Doch ist es längst möglich, über zahlreiche Broker Aktien anteilig und in deutlich kleineren Abstufungen zu handeln. So ist auch das zuletzt zu fast 3.600 Dollar notierende Papier des Reiseanbieters Booking Holdings für eine große Zahl an Investoren verfügbar geworden.

Marktpsychologie als Treiber

Das Argument der besseren Zugänglichkeit beruht daher nicht auf Rationalität, sondern auf reiner Marktpsychologie – nämlich der bei Investoren verbreiteten Annahme, dass es besser ist, eine Aktie ganz als nur anteilig zu halten. Mit Blick auf die Stimmrechtsausübung macht dies aber nur einen marginalen Unterschied. Wer sich vor dem Chipotle-Stock-Split nur ein Fünfzigstel eines Anteils leisten konnte und nun den Kauf einer vollständigen Aktie finanzieren kann, der wird es auf der nächsten Hauptversammlung noch genauso schwer haben, mit abweichenden Meinungen gegenüber deutlich einflussreicheren institutionellen Investoren Gehör zu finden wie vorher.

Solange die Marktpsychologie greift und Anleger Stock Splits zudem als Zeichen des Selbstvertrauens von Verwaltungsräten und Managern begreifen, bieten diese positive Effekte. Historisch haben US-Unternehmen ihren Anteilseignern in den zwölf Monaten nach einer Aktienaufspaltung laut Bank of America im Median einen Return von 25% geliefert, für den S&P 500 ergibt sich ein Vergleichswert von 11,9%. Gefährlich ist es allerdings, wenn Marktteilnehmer allein die Ankündigung des Stock Splits als Einstiegssignal begreifen. Denn grundsätzlich erfolgt eine solche Maßnahme ja, wenn eine Aktie bereits deutliche Kursgewinne hingelegt hat. In solchen Fällen sind die Erwartungen an die künftige Performance meist umso höher – werden sie auch nur leicht enttäuscht, kann die positive Psychologie schnell ins Gegenteil umschlagen. Anleger sollten sich also – so simpel es klingt – stärker auf Fundamentaldaten wie die Gewinnentwicklung konzentrieren und weniger auf rechenkosmetische Maßnahmen.