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Warten auf den Grand Paris Express

Paris soll fußgängerfreundlicher werden, doch die neuen Métro-Linien des Grand Paris Express verzögern sich immer mehr. Inzwischen beträgt die Verspätung sechs Jahre, mindestens.

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Von Gesche Wüpper

Frankreich ist auf gutem Wege, Deutschland einen speziellen Titel streitig zu machen. Zwar sind mit den neuen Pariser Métro-Linien 15, 16 und 17 wichtige Infrastrukturprojekte noch nicht ganz so verspätet wie einst der neue Hauptstadtflughafen Berlin Brandenburg, doch die Arbeiten ziehen sich immer länger hin. So hätte der südliche Abschnitt der ringförmig durch Vororte führenden Métro-Linie 15 eigentlich 2020 in Betrieb gehen sollen. Inzwischen ist von Ende 2026 die Rede – bestenfalls. Die ersten Abschnitte der von ihr im Norden und Osten abzweigenden Linien 16 und 17 sollen ab Mitte 2027 folgen, Linie 18 im Südwesten ab Ende 2026. Sie alle sind Teil des 36 Mrd. Euro schweren Projekts Grand Paris Express.

Die Zeit drängt. Denn ein Jahr vor den nächsten Kommunalwahlen treibt Anne Hidalgo, die scheidende sozialistische Bürgermeisterin von Paris, Pläne voran, Frankreichs Hauptstadt fußgängerfreundlicher zu machen. In einer Bürgerbefragung sprachen sich am Sonntag 66% der Wähler für die Umwandlung von 500 Straßen in begrünte Fußgängerzonen aus. Allerdings beteiligten sich gerade mal 4% der auf den Wahllisten Eingeschriebenen an der Abstimmung, weniger als an den zuvor von Hidalgo durchgeführten Befragungen zum Verbot von E-Mietrollern und der massiven Erhöhung der Parkgebühren für SUV-Pkw. Hidalgo hat seit 2020 bereits Autos aus 300 Straßen in Paris verbannt.

Bessere Anbindung der Vororte

Viele Pariser Anwohner nutzen Pkws vor allem, um am Wochenende aufs Land oder in Vororte zu fahren. Dagegen sind viele, die außerhalb der ringförmigen Autobahn Périphérique wohnen, auf Autos angewiesen, da der öffentliche Nahverkehr in der französischen Hauptstadt zu wünschen übrig lässt. Daher die Idee des Grand Paris Express mit seinen 200 Kilometer langen neuen Strecken und 68 neuen Haltestellen.

Das Infrastrukturprojekt soll auch Abhilfe für ein anderes Problem schaffen. Zwar gibt es in den 20 Pariser Arrondissements gut alle 500 Meter eine Métro-Station, doch die Métro-Linien verlaufen fast ausschließlich von Norden nach Süden oder von Osten nach Westen. Dagegen gibt es bisher keine ringförmige Métro-Linie. Einst existierte die sogenannten Petite Ceinture, eine rund um Paris verlaufende Eisenbahnstrecke, doch wurde sie 1934 für Passagiere geschlossen, in den 90ern auch für den Frachtverkehr. Die Straßenbahnlinien T3a und T3b haben sie mittlerweile zumindest größtenteils ersetzt.

Aufgaben unterschätzt

Inzwischen sind die meisten Tunnels für die neuen Métro-Linien gegraben, Schienen verlegt und Haltestellen gebaut. Auch die Waggons für den südlichen Abschnitt der Linie 15 sind geliefert. Dennoch musste Jean-François Monteils, der Chef der Projektgesellschaft SGP (Société des Grands Projets), kürzlich neue Verzögerungen beim Projekt verkünden. Grund sind die Systemkonfigurationen für den Betrieb der fahrerlosen, von Siemens und Hitachi konzipierten Waggons. Eine komplexe Aufgabe, deren Umfang SGP unterschätzt hat.

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