KommentarCommerzbank-Übernahme erhält einen neuen Dreh

Weißer Ritter in Sicht?

Das überfallartige Vorgehen von Unicredit-Chef Andrea Orcel bei der Commerzbank weckt die Widerstandsgeister am Finanzplatz Frankfurt. Bei der Deutschen Bank wird in einem frühen Stadium eruiert, ob man den Italienern in die Suppe spucken kann.

Weißer Ritter in Sicht?

COMMERZBANK

Weißer Ritter
in Sicht?

Von Björn Godenrath

Unicredit-Chef Orcel tritt sehr selbstbewusst auf. Doch Wettbewerber könnten seinen M&A-Coup noch vereiteln.

Es ist eine schwierige Situation für Commerzbank-Chef Manfred Knof. Während Unicredit-CEO Andrea Orcel durchs Land reist und als Großaktionär für eine Übernahme wirbt, muss Knof darauf achten, dass er den neuen Anteilseigner nicht verprellt. Anlass zurückzufeuern hätte es gegeben, aber Knof beließ es am Montag am Rande seines ersten öffentlichen Auftritts seit Orcels Coup zum überfallartigen Erwerb von 9% bei der Feststellung, dass er von seiner Strategie 2027 überzeugt sei. Wenn etwas vorliegen würde, dann werde man vergleichen, sagte Knof. „Aber es liegt halt nichts vor.“

Man hätte sich gewünscht, Knof wäre kämpferischer aufgetreten und hätte darauf verwiesen, dass eine Netto-Eigenkapitalrendite von 11,5% bis 2027 im Branchenvergleich alles andere als übel ist und die Bank so ganz gut auf eigenen Füßen stehen kann. Während Knof sich zurückhält, hat Orcel gezeigt, dass er das M&A-Einmaleins beherrscht, indem er sich klassisch angeschlichen hat. Den bestehenden Anteil von gut 4% hatte er in der Auktion der Finanzagentur erst offenbart, als sich Commerzbank-Berater Goldman Sachs mit Erscheinen der Unicredit als Bieter zurückzog. Da war der Prozess nicht mehr zu stoppen.

Und so steht Orcel heute als Großaktionär da und gibt süffisant zu Protokoll, das aktuelle Management habe zwar „deutliche Fortschritte“ gemacht bei der Profitabilität, aber seiner Meinung nach könne man „noch viel mehr tun.“ Was das en détail sein soll, würden Knof, die Commerzbank-Aktionäre und die Mitarbeiter gerne wissen.

Dass vor allem Letztere auf die Barrikaden gehen, ist kein Wunder. Sie haben alle vor Augen, wie Unicredit Milliarden von der HVB abgezogen hat, eine Sparrunde nach der anderen aufsetzte und dann die AG zur GmbH degradierte. Das droht nun der Commerzbank, würde sich ein Zusammenschluss doch vor allem über Kostensynergien rechnen – und die Gewinnsteuern würden künftig nicht in Deutschland, sondern in Italien gezahlt.

Angesichts der latent feindlichen Annäherung sollte Orcel aufpassen, sich nicht selbst im Weg zu stehen. In Berlin zieht man sich vorerst auf die Formel zurück, dass man noch dabei sei, die Lage zu bewerten. Orcel wiederum kündigt an, ein aktiver CoBa-Investor zu sein. Das klingt fast nach einer Drohung. Das wiederum könnte ein Türöffner für die Deutsche Bank sein, sich als Weißer Ritter zu profilieren. Angeblich sondieren die Manager an der Taunusanlage bereits eine Commerzbank-Beteiligung, um Unicredit noch in die Suppe zu spucken.

Orcel dürfte es kaum helfen, dass er fragwürdige Argumente anführt. Sein Hinweis, die HVB habe eine sehr viel bessere EK-Rendite als die Commerzbank, ist Augenwischerei: Wenn man über die Jahre Milliarden an Eigenkapital abzieht, dann kommt genau das dabei heraus. Mit diesem Schachzug der EK-Minimierung hatte schon Ex-Deutsche-Bank-Chef Joe Ackermann versucht, Märkte und Öffentlichkeit zu beeindrucken. Der Schuss ging nach hinten los, als sich mit der Finanzkrise die EK-Anforderungen erhöhten.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.