Notiert inBrüssel

Whatsapp beugt sich der DSGVO

Der populäre Messenger-Dienst ist wiederholt von Verbraucher- und Datenschützern gerüffelt worden. Große Online-Plattformen müssen sich von nun an an zusätzliche Spielregeln halten.

Whatsapp beugt sich der DSGVO

Notiert in Brüssel

Whatsapp beugt sich der DSGVO

Von Stefan Reccius

Aufgrund von Datenschutzanforderungen von EU-Behörden aktualisieren wir unsere AGB“: Diese Mitteilung erhalten dieser Tage Nutzer von Whatsapp, wenn sie den Messenger auf ihren Smartphones öffnen. Wer auf „Mehr Infos“ klickt, erfährt, was dahintersteckt: Mit der Änderung der Datenschutzrichtlinie reagiere man auf eine Entscheidung der EU-Aufsichtsbehörden in Zusammenhang mit der DSGVO.

Hinter dem Kürzel DSGVO steckt die Datenschutzgrundverordnung. Seit ihrem Inkrafttreten vor fünf Jahren haben Datenschutzbehörden in Hunderten Fällen Verstöße gerügt und Bußgelder verhängt. Am empfindlichsten hat es Meta getroffen, den Mutterkonzern von Whatsapp und Facebook: Die irische Datenschutzbehörde hat in einem Verfahren gegen Meta gar die Schallmauer von 1 Mrd. Euro Strafe durchbrochen.

Gelbe Karte

Auch mit Verbraucherschützern gerät Whatsapp immer wieder aneinander. Es ist noch gar nicht lange her, dass der europäische Dachverband BEUC den Amerikanern die gelbe Karte gezeigt hat. Schon da ging es um neue Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Whatsapp habe sich nur widerwillig gefügt, den Nutzern seine AGB-Änderungen besser zu erklären, so die Kritik – schon gar nicht rückwirkend.

Womöglich erinnert mancher sich daran, dass Whatsapp sie oder ihn 2021 recht penetrant daran erinnerte, die neuen AGB zu akzeptieren. Das sei weder transparent noch verständlich abgelaufen, monieren Verbraucherschützer – und fühlen sich bestätigt, weil in der Zwischenzeit Verstöße gegen die DSGVO aktenkundig geworden sind.

Wird diesmal alles besser? Konkret ändert sich für Nutzer von Whatsapp im Prinzip: gar nichts. Whatsapp ist jedenfalls bemüht, das so darzustellen, um die Nutzer ja nicht aufzuschrecken. Vielmehr mache man in den Datenschutzrichtlinien nun darauf aufmerksam, dass man sich auf „berechtigte Interessen und lebenswichtige Interessen als Rechtsgrundlage“ stütze, wenn es um die Verarbeitung von Nutzerdaten geht.

Was für Ottonormalnutzer kryptisch klingt, ist das Werk von Juristen. Ihr Job ist es eben, mit fein ziselierten Formulierungen den europäischen Datenschutzregeln Genüge zu tun, ohne dass Whatsapp Grundlegendes an seinem Geschäftsmodell ändern muss. Das besteht nun mal darin, Daten von Nutzen auszuwerten und zu kommerzialisieren. Insofern sind die AGB-Änderungen in erster Linie an Europas Datenschützer gerichtet. Seine Nutzer lässt Whatsapp lapidar wissen: "Es gibt keine Änderungen an den Diensten, die du erhältst." Na, dann ist ja alles in Ordnung.

Digitalgesetz startet

Nicht allzu viel mitbekommen werden Nutzer auch von einem anderen weitreichenden Regelwerk, das ab diesem Freitag in der Europäischen Union greift: Es nennt sich Digital Services Act, kurz DSA, zielt auf große Online-Plattformen und hat es für die betroffenen Konzerne ähnlich in sich wie die DSGVO. Kurz gesagt, handelt es sich um Verhaltensregeln für 19 große Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU, darunter Google, Twitter und Facebook.

Der DSA regelt Dinge wie das Ausspielen personenbezogener Werbung und das Kuratieren von Inhalten auf den Seiten. Im Vordergrund steht der Schutz von Minderjährigen. Aber es geht auch darum, die Integrität von Wahlen sicherzustellen. Nichtregierungsorganisationen fordern klare Ansagen, wie die großen Plattformen Falschnachrichten und ähnliche Manipulation im Zuge der anstehenden Europawahl einzudämmen gedenken.

Wie schon bei der DSGVO werden Verbraucherschützer auch beim DSA genau hinschauen, ob die Plattformen sich daran halten. Emissäre der EU-Kommission haben sich in den vergangenen Monaten mit Vertretern einiger Plattformen getroffen, um zu besprechen, wie sie den DSA umsetzen werden. Die Eindrücke sollen durchwachsen gewesen sein.

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