Wie die Made im "Spac"
Noch vor zwei Jahren wurden “Spacs” eher mit Betrügereien assoziiert. Mit den “Special Purpose Acquisition Companies” haben in den vergangenen 20 Jahren so viele Privatinvestoren in den USA Geld verloren, dass sie für eine Weile in der Versenkung verschwanden. Schon die Grundkonstruktion wirkt gewagt: Ein leeres Unternehmen, das zunächst nur aus der Rechtsform besteht, geht an die Börse und sammelt mit neuen Aktien, die zum willkürlich gesetzten Standardpreis von 10 Dollar das Stück verkauft werden, das Geld der Investoren ein, das später für eine noch nicht näher bezeichnete Akquisition eines anderen Unternehmens ausgegeben werden soll. Für den Erfolg steht zunächst einzig und allein der mehr oder weniger gute Name des Gründers. Es braucht also eine Art Investmentguru, dem die Anleger zutrauen, ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu finden und zu kaufen, das unterbewertet ist. Im Fall des Musik-Streaming-Dienstes Akazoo, dessen Abonnentenzahlen aufgebläht wurden, war dieses Vertrauen beispielsweise ungerechtfertigt. Die Geldgeber des an der Nasdaq notierten Spac Modern Media verloren ihren Einsatz.Trotz mehrerer solcher Flops mit Spacs sind die Investmentvehikel seit Anfang dieses Jahres zu einer der begehrtesten Anlageklassen an den US-Aktienmärkten geworden. Vom Hedgefonds-Milliardär Bill Ackman bis hin zum Sportmanager Billy Beane von Moneyball haben einige der bekanntesten Investoren mit den Blankoscheckfirmen Milliarden eingesammelt. Jüngst gab sich sogar Paul Ryan für einen Spac her, der ehemalige Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus. Die Spac-Gründer sind davon überzeugt, dass sie ein besonderes Auge dafür haben, unterbewertete Unternehmen zu finden, die sie per Übernahme an die Börse holen können. Durch den Einsatz von Spacs können sie den teuren und langwierigen IPO-Prozess überspringen. Umgangen werden die monatelange Arbeit mit der Börsenaufsicht SEC, um einen Prospekt zu erstellen, der Finanzinformationen und Geschäftstätigkeit im Einzelnen darlegt, ebenso wie die Preisverhandlungen mit einer Handvoll großer Investmentfonds – ein altehrwürdiges Ritual, das jedoch bei Kritikern als mindestens so undurchsichtig, ineffizient und teuer gilt wie ein Spac, da Investmentbanken oft 7 % vom Emissionserlös als Gebühr erhalten und den Preis bei der Zuteilung meist so setzen, dass am ersten Handelstag noch ein Kursanstieg von oftmals 25 % drin ist. Dieses Geld fehlt dann den Unternehmen. Und die systematische anfängliche Unterbewertung beim traditionellen Börsengang macht Spacs als Alternative umso attraktiver.Die jüngste Welle neuer Spacs wurde zudem durch eine Reihe hochkarätiger Erfolgsgeschichten motiviert, darunter das Sportwettenportal Draftkings, das im Dezember 2019 von dem Spac “Diamond Eagle” des Ex-Hollywood-Managers Jeff Sagansky zusammen mit Fidelity als Investor für 780 Mill. Dollar übernommen wurde. Oder das Elektro-Truck-Start-up Nikola. Beide können sich inzwischen einer Bewertung von mehr als 10 Mrd. Dollar rühmen und locken damit Nachahmer an. Inzwischen sind viele Investoren überzeugt, dass Spacs zu Unrecht den Ruf haben, ein Vehikel zu sein, mit dem zwielichtige Finanziers das Risiko zweifelhafter Geschäfte auf die ahnungslose Masse der Privatinvestoren abschieben.——Von Christoph RuhkampMit dem Investmentvehikel “Spac” verdienen vor allem die Gründer viel Geld. Dennoch boomen die IPOs der riskanten Blanko-Börsenmäntel.——