Im BlickfeldVolks- und Raiffeisenbanken

Wie Kreditgenossen junge Mitglieder umwerben

Influencer Felix von der Laden soll die genossenschaftliche Idee und die besondere Rolle der Mitgliedschaft seinen 3,2 Millionen Abonnenten auf Youtube schmackhaft machen.

Wie Kreditgenossen junge Mitglieder umwerben

Wie Kreditgenossen junge Mitglieder umwerben

Volks- und Raiffeisenbanken stemmen sich gegen den Teilhaberschwund

Von Thomas Spengler, Stuttgart

Wenn am 27. September der Youtuber Felix von der Laden in seinem Podcast-Bus beim Wirtschaftstag der Volks- und Raiffeisenbanken in Frankfurt vorfährt, ist das kein Zufall. Bereits seit Februar rührt der Influencer, der auf Youtube 3,2 Millionen Abonnenten hat, im Auftrag des Genossenschaftsverbands – Verband der Regionen in Frankfurt die Trommel für die genossenschaftliche Idee und die besondere Rolle der Mitgliedschaft. Mit seinem über Spotify frei zugänglichen Podcast „Vitamin G – Gemeinschaft kann man hören“ bereitet der 29-Jährige genossenschaftliche Themen im Jargon junger Menschen auf. Damit soll „Vitamin G“ eine Generation erreichen, für die in Zeiten des Smartphone-Bankings die Teilhaberschaft an einer Bank eher mit einem Achselzucken bewertet wird.

Demografischer Wandel

Denn es ist zwar statistisch gesehen bei mehr als 22 Millionen Mitgliedern jeder vierte Bundesbürger Mitglied in einer ländlichen, gewerblichen, Kredit-, Energie-, Konsum- oder Wohnungsgenossenschaft. Insbesondere aber Kreditgenossenschaften leiden seit einigen Jahren unter einem steten Schwund ihrer Teilhaber, den Genobanker damit begründen, dass ihnen, etwas salopp gesagt, die älteren Kunden wegsterben und weniger junge nachkommen.

Würde sich der Trend fortsetzen, geriete das in Gefahr, was Marija Kolak als „zentrales Alleinstellungsmerkmal“ ihrer Organisation bezeichnet. „Die Mitgliedschaft steht für das Wesen der Genossenschaftsbank als eine kooperative und solidarische Institution“, sagt die Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Hinzu kommt, dass die Zeichnung von Geschäftsanteilen die Eigenkapitalbasis der Banken stärkt und ihnen die Ausweitung ihrer Geschäfte ermöglicht – inklusive besserer Konditionen für die Mitglieder. Unabhängig davon sei es für viele Menschen in einer globalisierten Weltwirtschaft von großer Bedeutung, auf eine Bank in ihrem Lebensraum Einfluss nehmen zu können, so der Vorstandschef des Genossenschaftsverbands in Frankfurt, Ingmar Rega.

Imagekampagne läuft

Vor diesem Hintergrund hat der BVR im vergangenen Jahr eine bundesweite Imagekampagne losgetreten, die insbesondere junge Menschen von der Idee einer Mitgliedschaft in einer der Stand 2022 bundesweit 737 Volks- und Raiffeisenbanken überzeugen soll. Dazu agiert der BVR Hand in Hand mit den regionalen Verbänden sowie den Primärbanken im Land. Und dabei geht man durchaus neue, zum Teil unorthodoxe Wege, wie das Engagement des Influencers von der Laden zeigt. Zu den weiteren Maßnahmen zählen ein TV-Special, das im Rahmen der Vox-Gründershow „Höhle der Löwen“ ausgestrahlt wurde, oder eine Sonderausgabe des Wissensmagazins „Geo“ von Gruner Jahr. Außerdem soll es noch einen Erklärfilm im Serien-Stil sowie eine Graphic Novel zur Genossenschaftsidee geben. Darüber hinaus sind die Institute dabei, ein Tool einzuführen, mit dem die Mitgliedschaft künftig digital erfolgen kann. In Planung ist die Integration der Mitgliedermehrwerte in die VR Banking App.

Besserung erwartet

Inwieweit sich durch die angelaufenen Maßnahmen tatsächlich die Mitgliederzahlen in der Gruppe als Ganzes erhöhen, gilt unter den Kreditgenossen als schwer abschätzbar – zumal Mitgliederzahlen bundesweit nur einmal jährlich zum Jahresende erhoben werden. Man gehe jedoch davon aus, dass sich die eingeleiteten Maßnahmen positiv auf die Entwicklung auswirken werden, heißt es beim BVR.

Bereinigungen durch Fusionen

Tatsächlich war 2022 bei einem Rückgang der Mitglieder um rund 1,3% auf 17,95 Millionen noch keine Trendwende festzustellen. Als bremsender Faktor wirkt sich immer wieder auch der Trend zu Fusionen aus, bei denen es regelmäßig zur Bereinigung doppelter Mitgliedschaften kommt. Anders ist es bei der Entwicklung des gezeichneten Kapitals, das die Gruppe in den vergangenen Jahren insgesamt kontinuierlich steigern konnte. Zuletzt (2022) gab es ein Plus von 10,7% auf 16,5 Mrd. Euro.

Dies dürfte stark auf die weit verbreitete Erhöhung der zu zeichnenden Geschäftsanteile zurückgehen, wie es beispielhaft die Volksbanken in Hannover und Stuttgart praktiziert haben. So hat die Hannoversche Volksbank die maximale Zeichnung von zehn auf 20 Anteile à 50 Euro erhöht und damit die Mitgliederzahl gegen den demografischen Trend um netto 2.200 auf jetzt 126.200 Eigentümer steigern können – wozu vermutlich auch eine überdurchschnittliche Dividende von 5,5% beigetragen hat. Oder die Volksbank Stuttgart, die die Maximalsumme auf 5.000 Euro pro Mitglied verzwanzigfacht hat, was geholfen hat, das gezeichnete Kapital von 80,4 (2022) auf aktuell 105,8 Mill. Euro zu erhöhen.

Finanzscouts werben

Gleichzeitig ist es dem Institut gelungen, den Mitgliederschwund zum Halbjahr bei 174.800 Teilhabern zu stabilisieren. Vorstandsmitglied Andreas Haas führt die Entwicklung auf ein Bündel von Werbemaßnahmen zurück, wovon die Etablierung sogenannter Finanzscouts heraussticht, die junge Kunden in dem ihnen eigenen Jargon ansprechen. Dies hat laut Haas wesentlich dazu beigetragen, die bis zu 24-Jährigen, die bei dem Institut gut 39.000 Kunden ausmachen, zu 84% für eine Mitgliedschaft zu gewinnen.

Derartige Beispiele zeigen zwar, dass eine Trendumkehr bei den Mitgliederzahlen möglich ist. Allerdings dürften erfolgreiche Maßnahmen auch nicht stets eins zu eins auf alle anderen Institute übertragbar sein. Daher spricht der Vorstandschef des Genossenschaftsverbands in Frankfurt, Ingmar Rega, nicht von einem Sprint, wenn es angesichts des demografischen Wandels um die Gewinnung von Nachwuchsmitgliedern geht, sondern von einem Marathonlauf.

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Von Thomas Spengler, Stuttgart

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