Im BlickfeldAnalyse des SAFE-Instituts

Wissenschaftler fordern Auktionen für Krisenbanken

Die Zusammenbrüche der Banken 2023 brachten unnötig hohe Kosten für viele Stakeholder. Das SAFE-Institut plädiert für ein anderes Verfahren und mehr Vorbereitung.

Wissenschaftler fordern Auktionen für Krisenbanken

Bankpleiten

Wissenschaftler fordern Auktionen bei Bankkrisen

Die Zusammenbrüche der Banken 2023 brachten unnötig hohe Kosten für viele Stakeholder. Das SAFE-Institut plädiert für ein anderes Verfahren und mehr Vorbereitung.

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Ein SAFE-Forschungsteam hat im Zusammenhang mit den Bankenturbulenzen vom Frühjahr 2023 die Übernahmegewinne analysiert. Bei einer marktbasierten Neubewertung betragen diese Gewinne etwa die Hälfte der gemeldeten 44 Mrd. Dollar.

Diesen Angaben liegen die Übernahmen von Credit Suisse durch die UBS, Signature Bank durch die New York Community Bank, Silicon Valley Bank durch First Citizens und First Republic durch J.P. Morgan Chase zugrunde.

„Abnormale Aktienrenditen“

Die Wissenschaftler sprechen im Zusammenhang mit den vier untersuchten Übernahmen von „abnormalen Aktienrenditen der übernehmenden Banken und der anderen Bieterbanken“. Der überstürzte Verkauf der genannten Banken führte nach Ansicht der Wissenschaftler „zu massiven Verlusten für Bankaktionäre, Anleihegläubiger und den US-Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC)“.

Sich bei der Bewertung ausschließlich auf buchhalterische Zahlen zu verlassen, könne irreführend sein, „da diese Zahlen allein den wirtschaftlichen Wert des Erwerbs einer gescheiterten Bank nicht exakt wiedergeben können“.

Bei wenig Zeit hat der Käufer umso mehr Verhandlungsmacht. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Krisenverkäufen und Fusionen und Übernahmen von Banken im normalen Geschäftsbetrieb, so der europäische Single Resolution Board (SRB). Zeit für lange Due-Diligence-Prüfungen habe man in der Krise weniger. Daher werde in einer Krise der endgültige Preis durch den kürzeren Zeitrahmen und die höhere Unsicherheit beeinflusst.

Behörden waren überrascht

Alle vier gescheiterten Banken wurden nach Beobachtung von SAFE auf ähnliche Weise abgewickelt: Sie seien relativ schnell an eine übernehmende Bank verkauft worden. Die Behörden seien offensichtlich überrascht worden, weil der Zusammenbruch nicht durch eine direkte Unterkapitalisierung, sondern durch Illiquidität verursacht worden sei.

Aus Sicht des SRB sei klar, dass in einer Bankenkrise die Zeit von entscheidender Bedeutung sei. Eine rasche Lösung der Krise sei der Schlüssel zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Bankensektor. „Und das kann bedeuten, dass man über Nacht oder an einem Wochenende nach einem Käufer suchen muss“, so der SRB.

Dem entgegnet Florian Heider, wissenschaftlicher Leiter des Leibniz Institute for Financial Research SAFE: „Krisen kommen nicht über Nacht, sondern kündigen sich über Wochen vorher an. Daher sollten Abwicklungsbehörden rechtzeitig handeln, und zwar am besten dann, wenn noch nichts passiert ist.“

Zeit entscheidender Faktor

Die Ursache für Bankzusammenbrüche sind für die Frage des Handelns sehr relevant. Werden die Probleme durch Unterkapitalisierung verursacht, entwickeln sie sich langsam. In der Situation beende die „Abwicklung einen allmählichen Prozess der Kapitalaufzehrung, und die Behörden haben genügend Zeit, um den Abwicklungsprozess vorzubereiten“, heißt es in dem Arbeitspapier, das von Tobias Tröger, Direktor des SAFE-Clusters Law and Finance, sowie Heider erstellt wurde.

Die Autoren der Studie schlagen vor, dass „transparente Auktionen mit einer ausreichenden Anzahl von Bietern gegenüber verhandelten Bankverkäufen bevorzugt“ werden.  „Schon bevor ein Institut in Schieflage gerät, sollte für potenzielle Käufer ein Datenraum vorbereitet werden, damit es zu einer Auktion kommen kann. Für eine Auktion reichen im Prinzip zwei Bieter“, sagt Heider.

Die Forscher regen an, dass sich Abwicklungsbehörden wie der SRB besser und früher auf Auktionen als Teil der Abwicklungsplanung vorbereiten. Zudem sollten sowohl bedeutende als auch weniger bedeutende Banken auf mögliche Verkäufe geprüft werden.

Die Anregung richtet sich dabei weniger an die US-Abwicklungsbehörde FDIC.  „Die FDIC hat zu einem gewissen Grad ein solches Verfahren etabliert. Die US-Behörde hat zudem den Vorteil, dass sie wie eine Aufsicht direkt in den Banken vor Ort ist. Das gibt es in Europa so nicht“, sagt Tröger.

Angesichts der Pleiten und des Umgangs in der Abwicklung dringen die Forscher darauf, dass Auktionen einem verhandelten Bankverkauf vorgezogen werden. Die Forschung zeige, dass die Abwicklungskosten dann niedriger seien.

„Die Abwicklung der Credit Suisse könnte kostspieliger (oder zumindest riskanter für den Steuerzahler durch staatliche Garantien) als nötig gewesen sein, weil es keine politisch tragfähige Alternative zum Verkauf der Bank an die UBS gab“, heißt es in dem Papier. Wichtig bei Auktionen sei Transparenz, um der Gefahr der politischen Einflussnahme auf die Entscheidungsfindung entgegenzuwirken.

Bessere Vorbereitung nötig

Um das Ziel von Auktionen zu erreichen, sei eine bessere Vorbereitung bei Bankenaufsicht und Abwicklungsbehörde notwendig. „Wie genau die Vorbereitungen des SRB sind, ist von außen nur schwer zu erkennen. Nach unserer Einschätzung gibt es aber keinen Prozess zur Vorbereitung eine Auktion in solchen Fällen“, so Tröger. Ähnlich wie bei einer normalen Transaktion müssten Due-Diligence-Unterlagen und Informationen für potenzielle Bieter frühzeitig erstellt werden.

Die wesentlichen Vorbereitungsarbeiten für Auktionen müssen Teil der Abwicklungsplanung sein, einer Kernaufgabe der Abwicklungsbehörden, einschließlich des Single Resolution Board (SRB).

Der derzeitige Rahmen für Krisenmanagement und Einlagensicherung (CMDI) ermöglicht ein effektives Pre-Packaging von Kauf und Übernahme/Verkauf von Unternehmenslösungen. Er reiche jedoch nicht aus, um Bank Runs zu verhindern. Aber Bank Runs lösten oft eine Panik aus, die sich über die schwache Bank hinaus auf das gesamte Bankensystem ausweite.

Nach Ansicht der Forscher sollten auch nicht signifikante Banken in die Abwicklungsplanung einbezogen werden. So sei die SVB nicht als systemrelevantes Institut oder anderweitig systemrelevantes Institut eingestuft worden. Doch würde eine Bank dieser Größenordnung in Europa scheitern, würden lediglich die nationalen Gesetze gelten und nicht der SRB eingreifen.

EU greift Thema auf

Der Vorschlag der EU-Kommission für einen CMDI-Review greift das Thema ebenfalls auf: Damit Abwicklungsbehörden so schnell wie möglich auf eine Verschlechterung der Lage eines Instituts oder Unternehmens reagieren können, sollen sie auch ohne vorherige Frühinterventionsmaßnahmen bereits Vorkehrungen treffen, heißt es in Brüssel. Auch soll eine digitale Plattform eingerichtet werden können, um Informationen mit potenziellen Käufern zu teilen, so die Kommission.

Pläne für kleinere Banken

Nicht nur „signifikant wichtige Banken“, sondern auch nicht signifikante Banken sollten möglicherweise nach Ansicht der Wissenschaftler darauf vorbereitet werden, von den Abwicklungsbehörden verkauft zu werden. Europa ist nach Ansicht von Heider und Tröge gut beraten, sich darauf einzustellen, dass es nicht möglich sei, für große, aber unbedeutende Banken ein Konkursverfahren einzuleiten.

Der SRB sagt dazu, dass die Abwicklungsplanung und Krisenvorsorge für „weniger bedeutende Institute“ (LSI) ein sehr wichtiger Arbeitsbereich für die Abwicklungsbehörde und für die nationalen Abwicklungsbehörden sei, und verweist auf einen Bericht über Abwicklungsplanung für weniger bedeutende Institute, wonach die Zahl der LSI, für die man Abwicklungspläne habe, 97% erreicht habe.

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